Aktueller Stand digitaler Diabetes Technologie
Nicht nur in der Welt der hochmodernen Fahrzeugproduktion, sondern auch in der Medizin macht die „Digitalisierung“ nicht Halt. So sollen in der Pflege sogenannte „Service-Roboter“ menschliche Fachkräfte sinnvoll ergänzen und im chirurgischen Bereich sind heute schon Roboter im Einsatz, die ausdauernder und präziser arbeiten als der Mensch.
In „elektronischen Patientenakten“ können Diagnosen, Behandlungstherapien oder Arztberichte gespeichert werden, um Behandlungen schneller, effektiver und kostengünstiger zu machen. Intelligente Smartwatches können wichtige Informationen an Ärzte oder Pflegedienste übertragen. Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) wurden u. a. in Bereichen wie Psychiatrie, Migränetherapie, Krebs oder Adipositas (Übergewicht) aber auch Diabetes-Versorgung zugelassen. Zukünftig werden noch mehr hinzukommen.
Wo steht die Blutzuckermessung heute?
Der größte Teil der Patienten in Deutschland mit Diabetes, die ihren Glukosewert regelmäßig kontrollieren, benutzt ein Blutzuckermessgerät, dass mittels klassischer Methode eines Blutstropfens arbeitet. Zwei mögliche Messmethoden (photometrisch oder amperometrisch) ermitteln dabei die Zuckerkonzentration im Blut. Je nach Lebenssituation (Häufigkeit der Messung, Sport, Reisen, Familie, berufliches Umfeld) kann man zwischen kleinen, großen, umfangreichen oder einfachen Geräten wählen. Für (fast) jeden Bedarf gibt es heute etwas passendes auf dem Markt.
Digitale Blutzuckermessung
Die meisten Blutzuckermessgeräte lassen sich heute per USB-, NFC (Near Field Communication) oder Infrarotschnittstelle schnell und einfach mit einem Computer verbinden. So können die Daten ausgelesen werden sowie schnell und einfach Tagebücher, Blutzuckerübersichten erstellt werden.
Informationen zum Erreichen von Zielbereichen, zu Insulininjektionen oder Einnahmen von Mahlzeiten können im großem Umfang erfasst werden und erleichtern dem Diabetesteam die Auswertung und somit die Diabetestherapie. Selbst ein digitaler Versand der Daten, falls der Arzt mal nicht persönlich aufgesucht werden kann, ist zum Teil möglich.
In der Welt der Apps lässt sich unterstützend sogar die ein oder andere Anwendung zur Einschätzung von kcal, BE's bzw. zum Errechnen von Insulindosen auf das eigene Smartphone herunterladen.
Neue Gewebezuckermessmethoden - ohne Stechen
Ein Vorteil, neben dem Wegfall der täglichen Verletzung, ist eine kontinuierliche Aufzeichnung der Werte, auch während des Nachtschlafes oder bei Bewegung. Besonders Patienten mit einem schlecht eingestellten Stoffwechsel oder unerklärlichen Blutzuckerschwankungen profitieren von der nahtlosen Erfassung der Daten, um dem Rätsel besser auf die Spur kommen zu können. Darüber hinaus kann jeder seinen individuellen Zielbereich mit Warnungen oder Alarmen festlegen, um gefährliche Unter- oder Überzuckerungen zu vermeiden. Nur mit einer umfassenden Schulung und Einweisung in diese Systeme sind sie sinnvoll nutzbar.
Seit einigen Jahren sind Messsysteme auf dem Markt, die ohne das Stechen in die Fingerbeere zu genauen Werten führen. Über einen Sensor im Unterhautfettgewebe des Oberarms oder des Bauches liefern sie, je nach System, zwischen 7 bis 14 Tagen (ein System sogar bis zu 180 Tage), Messwerte an einen Empfänger. Dies kann ein spezielles Gerät in Handygröße sein oder das private Handy selbst.
Trotzdem sollte jeder Nutzer dieser Systeme im Fall der Fälle eine korrekte, fehlerarme, blutige Messung vornehmen können. Auch die Kostenübernahme durch die Krankenkassen muss im Vorfeld geklärt werden und ist nicht in jedem Fall garantiert.
Was der Patient bei diesen Systemen unbedingt beachten muss, ist die unterschiedliche Zuckerkonzentration zwischen Gewebe und Blut. Stellen Sie sich einen Zug vor der langsam den Berg erklimmt. Während die Lok schon auf dem Gipfel ist, befindet sich der „Gepäckwagen“ noch auf halber Strecke nach oben. D. h. im Blut ist die Zuckerkonzentration schon etwas höher als der Sensor im Gewebe anzeigen wird. Genauso bergab. Die Lok ist schon im Tal, der letzte Wagen noch weiter oben. Der Zucker im Blut ist also schon deutlich niedriger.
Die kontinuierliche Gewebezuckermessmethoden
Systeme mit kontinuierlicher Aufzeichnung der Werte, laufen unter der Bezeichnung rt-CGM. Hinter dieser Abkürzung verbirgt sich: real-time continuing glucose monitoring (Echtzeit-Glukose-Messung).
Daher sind immer die sogenannten Trendpfeile neben dem Zuckerwert zu beachten! Sie zeigen wohin die Reise geht und mit welcher Geschwindigkeit. Sinnvollerweise sollten nun Alarme in der gewünschten Höhe auf eine drohende Unterzuckerung aufmerksam machen. Ist das Befinden deutlich anders als das Gerät anzeigt, sollte eine blutige Messung vorgenommen werden.
Digitale Fortschritte bei Insulinpens
Nicht ganz neu sind Insulin Pens mit Memory-Funktion, z.B. der Pendiq 2.0 oder der NovePen 6 bzw. NovoPen Echo Plus. Sie zeigen dem Anwender wann wieviel Einheiten Insulin abgegeben wurden. Werden die Daten aus einem Blutzuckermessgerät und einem digitalen Insulin-Pen kombiniert, lässt sich so ein ganzes Blutzucker-Tagebuch erstellen und auswerten. Voraussetzung ist die Nutzung einer speziell dafür entwickelten App. Egal ob Insulin-Pen, Blutzuckermessgerät oder diverse Diabetes Apps, leider sind die Produkte verschiedener Firmen oft nicht miteinander kompatibel.
„Lernende“ Insulinpumpen - das Hybrid-Closed-Loop-System
Erste Insulinpumpen sind heute in der Lage ein sogenanntes Hybrid-Closed-Loop-System (geschlossener Kreislauf) zu bilden. Dabei kommunizieren ein Glukose-Sensor und eine Insulinpumpe (als Insulinabgabe) miteinander.
Bisher wurde die basale Insulinversorgung durch die Insulinpumpe gesteuert und den Mahlzeitenbolus gab man selbständig ab. Erweitert wurde dieses System um die automatische Abschaltung und Wiederaufnahme der Insulinzufuhr bei unterschreiten/überschreiten eines individuell festgelegten Zielbereiches. So konnten gefährliche Unterzuckerungen, insbesondere nachts, verhindert werden.
Die neuesten Insulinpumpen-Systeme agieren vorausschauend. Die Zuckerwerte werden kontinuierlich überwacht, ob sie demnächst zu hoch oder niedrig sein werden und dann passt die Inulinpumpe die basale Insulinabgabe alle fünf Minuten über sogenannte Mikroboli automatisch an. Firmen sprechen heute von “Automatisierter Insulinabgabe dank therapeutischer künstlicher Intelligenz”®.
Bei aller Euphorie und der vielen Vorteile können solch autonome Strukturen auch „falsch entscheiden“. Fehler sind nicht vollständig ausgeschlossen. Es gilt auch zu bedenken, dass maschinelle Systeme manipuliert oder gehackt, Daten falsch benutzt oder gar missbraucht werden könnten.
Während der Covid-Pandemie wurden besonders in der Medizin die Möglichkeiten der digitalen Medien (Videosprechstunde, Onlineschulungen, Blutzuckerübertragung, …) ausgebaut und verbessert. Dieser Weg ist noch lange nicht zu Ende …
AID: Von der Idee zum Closed Loop
AID (Automatische Insulin Versorgung) gilt als das neue und beste Paradigma der Insulin-Therapie darstellt.
Erfahrungsbericht zur CamAPS FX App
Jeannette Birkholz (Insulinpumpen-Referentin bei Mediq Direkt) hatte die Möglichkeit die CamAPS FX App 4 Wochen zu testen. Über Ihre Erfahrungen mit der App und was sie damit in der Zeit erreicht hat, schreibt Sie hier im Blog.