Radeln ohne Hypos

Ein Erfahrungsbericht zum CGM...

Seit 41 Jahren bin ich  Diabetiker und seit kurzem besitze ich ein Dexcom-System zur kontinuierlichen Glukosemessung (CGM), das in Verbindung mit meiner Animas-Vibe Pumpe bestens funktioniert. Seitdem ist vieles für mich einfacher geworden: 

Als Alltagsradler fahre ich über viele Wochen im Jahr mindestens 18 Kilometer am Tag. Oft radle ich in Berlin die Strecke vom Prenzlauer Berg nach Neukölln und zurück. 

Diesen Weg am Morgen zu fahren ist diabetes-technisch nie ein Problem gewesen, mit oder ohne CGM, da ich morgens nicht besonders sensibel auf Insulin reagiere.  Aber ich radle auch oft abends oder nachts. Aus Neukölln fahre ich in den etwas höher gelegenen und gute acht bis neun Kilometer entfernten Stadtteil Prenzlauer Berg. Diese kleine Strecke stellte mich dann nicht selten vor große diabetische Probleme mit weitreichenden Folgen bis in den Morgen hinein.

Wie bei vielen anderen Diabetikern auch, reagiert mein Körper abends besonders empfindlich auf Kohlehydrate, Insulin und körperliche Aktivität. Bei scheinbar geringster Bewegung geriet ich am Abend in eine Unterzuckerung. Die größte Herausforderung für meinen Diabetes war, dass ich nicht immer zur gleichen Zeit losfuhr und somit mein Verhalten, den Blutzucker betreffend, sehr schwer in ein gleichbleibendes Schema einpassen konnte. 

Eine typische Unterzuckerung lief so ab: Ich fuhr mit 160 mg/dl los, hatte einen mit Abendessen gefüllten Magen und vielleicht noch eine oder zwei Insulineinheiten im Körper oder wie meine Pumpe mir mitzuteilen pflegt „2 IOB“ (zwei Insulineinheiten an Bord).

Ab der Greifswalderstraße, also nach gut 4,5 Kilometern schneller Fahrt, bekam ich häufig eine Unterzuckerung mit Werten von unter 70 mg/dl, manchmal war mein Blutzuckerwert sogar noch niedriger. Aufgrund von nächtlicher Müdigkeit hatte ich oft kein Gefühl dafür, wie schnell mein Blutzucker sank. Der Blutzuckerspiegel raste auch nicht immer gleich schnell nach unten. Dabei wurde ich oft doppelt bestraft: Zuerst fiel ich in eine Hypo. Nahm ich dann zu viele BE´s zu mir, hatte ich dementsprechend zu hohe Morgenwerte (220 mg/dl), denn nachts habe ich meinen Blutzucker nicht mehr gemessen, um eventuell mit Insulin gegensteuern zu können. Oder ich geriet nachts in eine Unterzuckerung, weil sich meine Muskeln nach der Fahrt mit Zucker füllten.


Jetzt mit dem CGM meistere ich die Strecke problemlos. Wenn mein Zuckerwert schneller als 3 mg/dl pro Minute fällt, warnt mich das System. So kann ich heftige Unterzuckerungen vermeiden. Wenn ich zum Beispiel mit einem Wert von 160 mg/dl starte und das Gerät mich dann bei einem Wert von 120 mg/dl 
warnt, kann ich anhalten und mit Saft und Schokolade gegensteuern, damit der Wert nicht unter 75 mg/dl sinkt. Nach einer kleinen Pause kann ich dann den Weg zum Prenzlauer Berg gefahrlos fortsetzen. 

Dort angekommen, sehe ich auch, ob mein Zucker weiter fällt, stabil bleibt oder aber wegen zu vieler Kohlehydrate zu weit gestiegen ist. So kann ich zeitnah auf meinen am Abend so sensiblen (Zucker)Stoffwechsel reagieren. 

Ich fühle mich sehr gut, denn seit ich das CGM-System trage, habe ich nachts keine schweren Hypos mehr und auch keine Werte über 180 mg/dl. 
Für mich ist das ein sehr großer Erfolg. Außerdem lerne ich meinen Körper immer besser kennen. Denn das CGM zeigt mir sehr genau auf, wie ich im Alltag auf die verschiedenen Ereignisse reagiere. 

Das Genehmigungsverfahren zur Kostenübernahme durch meine Krankenkasse dauerte von der Antragstellung bis zur vorläufigen Genehmigung fast ein Jahr.  Letztendlich bin ich meiner Kasse dankbar, dass sie mir die Kosten (zwar nur vorläufig) für Sensoren und Transmitter erstattet, auch wenn ich dies nur mit Hilfe einer auf diesem Gebiet sehr erfahrenen Anwältin erreicht habe.

Aus meiner persönlichen Erfahrung heraus möchte ich andere Betroffene ebenfalls zu diesem Schritt ermutigen: Jeder hat ein Recht auf Gesundheit und jeder sollte diese Möglichkeiten auch ausschöpfen. Ich finde es schade, dass vielen Mitarbeitern von Krankenkassen noch nicht bewusst ist wie hilfreich ein CGM-System sein kann. 

Ein stabiler Blutzuckerwert reduziert bekanntlich nachweislich die Spätfolgen dieser Krankheit. Somit könnten die Kassen ihre Kosten bezüglich der Spätfolgen deutlich senken. Ich würde mich über eine größere Akzeptanz und ein schnelleres und einfacheres Genehmigungsverfahren seitens der Krankenkassen sehr freuen. 

Leider wird das sicher noch eine Weile auf sich warten lassen und viel Geduld und Aufklärungsarbeit erfordern. Denn das CGM ist noch nicht als offizielles Hilfsmittel anerkannt, sondern „nur“ als Zusatz. Noch sehen die Kassen keinen eindeutigen Nutzen in der Verwendung eines CGMs.  Denn trotz der ausgefeilten Technik muss man selber weiterhin vorausschauend denken, handeln und Mahlzeiten gut abschätzen können. Ebenso ist umfangreiches Wissen über die tagesindividuellen Insulin- und Kohlehydratfaktoren nötig und die Trendanzeige des CGM-Systems muss unabhängig vom angezeigten Blutzuckerwert interpretiert werden.  Der effektive Einsatz eines CGM-Systems setzt somit viel Wissen um den (eigenen) Diabetes voraus.

Was habe  ich nun von dem CGM? 
Viel gute Laune und ein eindeutig besseres Leben mit guten Werten und vor allem mit deutlich verbesserter Lebensqualität. 

Ihr David K.

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