Diabetes im Arbeitsalltag

Spätestens mit dem Schulabschluss in der Tasche kommt die Frage, was nun? Ausbildung, Studium, Au-Pair im Ausland oder doch ein Soziales Jahr? Was für die meisten eher einer „Qual der Wahl“ bedeutet, ist für Menschen mit Diabetes nicht ganz so trivial. Auch wenn es immer heißt, „… so gut wie jede Tätigkeit und Leistung ist möglich…“, schränken gesetzliche Bestimmungen und die individuellen Anforderungen der Beschäftigungen die Berufsausübung doch stark ein. Deshalb sollte man sich als Diabetiker/in im Vorfeld sehr genau über seinen Wunsch-Beruf informieren, denn nicht für alle Erwerbstätigkeiten gibt es klar definierte Verordnungen und Gesetze.

Eingeschränkung bei der Berufswahl mit Diabetes?

Eingeschränkt werden kann die Berufswahl in erster Linie aus zwei Gründen:

  1. Zum einen darf die Diabeteserkrankung weder Sie noch andere während ihrer Tätigkeit in eine gefährliche Situation bringen.
  2. Zum anderen muss eine Unterbrechung der Tätigkeitjederzeit problemlos möglich sein.

Daher sind Berufswünsche wie Feuerwehrmann/frau, Pilot/in, Zugführer/in oder Polizist/in leider nicht realistisch. Ob ich allerdings auf einem Gerüst oder mit schweren Maschinen arbeiten darf, kann eine Einzelfallentscheidung von Handelskammer oder Betriebsmedizinern bleiben.

In seltenen, gut begründeten Ausnahmen, mit regelmäßigen verkehrsmedizinischen Gutachten und anderen Auflagen kann von der Europäischen Führerscheinverordnung, entgegen der üblichen Meinung, sogar Taxi-, Bus oder LKW-Fahren erlaubt werden.

Feuerwehrmann oder Polizist für Menschen mit Diabetes leider nicht möglichFeuerwehrmann oder Polizist für Menschen mit Diabetes leider nicht möglich
Die Ausübung als Feuerwehrmann/frau oder Polizist/in ist mit Diabetes leider nicht möglich.

Häufig limitieren auch ausgeprägte Diabetesfolgeerkrankungen die Liste der Berufswünsche. Verschlechtert sich der Gesundheitszustand unvorhergesehen, muss man sich meist umschulen oder gar neuorientieren.

Die Deutsche Diabetesgesellschaft (DDG) und die Deutsche Unfallversicherung e.V. (DGUV) haben einen „Leitfaden für Betriebsärzte zu Diabetes und Beruf“ herausgegeben. Hier kann nachgelesen werden, welche Berufsbilder zum Beispiel besondere Risiken bergen. Eine Vielzahl von Berufen werden hier in „gesetzlich für Menschen mit Diabetes geeignete und ungeeigneten Berufe“ eingeteilt.

Einschränkungen im Arbeitsalltag mit Diabetes?

Heute erleichtern es Systemen zur kontinuierlichen Glukosemessung, den Stoffwechsel unter engmaschiger Kontrolle zu halten. So wird nicht nur die Gefahr einer Unterzuckerung (Hypoglykämie), bei der Betroffene auf Fremdhilfe angewiesen sind, sondern auch das Nachlassen  körperlicher und geistiger Leistung schnell und vorausschauend erkannt und verhindert. Hinzu kommen automatische Ab- oder Zuschaltungen der Insulinabgabe bei Insulinpumpen. So müssen auch Schicht- oder Nachtdienste, Akkordarbeit oder stark wechselnde körperliche Belastungen heute, bei korrekter Anwendung und guter Kenntnis der zur Hilfe genommenen (rt-CGM, FGM, iGM) Systeme, keine Einschränkung mehr bedeuten. Zudem ist es ratsam (ggf. erst nach der Probezeit) seine engsten Kollegen/innen über die Diabeteserkrankung zu informieren, damit diese in Notfallsituationen entsprechend handeln können.

Empfehlung zur Berufsauswahl und Berufsausübung

  • Nachweis regelmäßiger Schulungen und gute Informationen zum Stoffwechsel
  • wenige bis keine Blutzuckerentgleisungen (stabile Stoffwechsellage)
  • rechtzeitiges Erkennen und sicheres Behandeln von Blutzuckerentgleisungen
  • enge Zusammenarbeit mit einem Diabetologen/Diabetesteam
  • konsequente Dokumentation der Stoffwechselselbstkontrolle
  • individuelle Anpassung der Therapie an Nahrungsaufnahme und Bewegung (Dosisanpassung)

Weiterführende Hilfe können Sie in der Rechtsbelehrung der DDG bzw. bei diabetes- online.de (Recht und Soziales) oder einer Rechtsberatung vor Ort erfragen.

Zulässige und unzulässige Fragen zum Diabetes im Bewerbungsgespräch

Unsicherheiten Seitens der Bewerber/ innen gibt es häufig bei der „Frage nach dem Gesundheitszustand“. Muss ich Diabeteserkrankung im Bewerbungsgespräch angegeben oder nicht? Nimmt man die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) zur Hand, ist eine allgemein gehaltene Gesundheitsfrage ohne konkreten Anlass unzulässig. Es besteht auch keine Pflicht, vorauseilend Informationen über die Diabeteserkrankung zu geben.

Sollte der Gesundheitszustand allerdings entscheidende Auswirkungen auf die Ausübung der zukünftige Tätigkeit haben, dürfen diese Fragen gestellt werden. Dann wird berufsgenossenschaftlich abgewogen, ob die Beschäftigung möglicherweise periodisch oder dauerhaft durch die Diabeteserkrankung eingeschränkt wird. Denn es gibt Berufe, in denen eine besondere Gefährdung zu befürchten ist, die auch durch geeignete Maßnahmen nicht gänzlich verhindert werden kann: Wie können zum Beispiel regelmäßige Pausen, Möglichkeiten für die Blutzuckermessung, Insulininjektionen oder regelmäßige Verpflegungen gewährleistet werden? Bewerber/innen sollten mit Nachfragen zu solchen Themen rechnen und sich am besten schon im Vorfeld passende Antworten bzw. Lösungen überlegen.

Kündigung und Kündigungschutz bei Diabetikes

Komplikationen, wie z. B. hohe Fehlzeiten, können perspektivisch zur Kündigung führen, wenn die Arbeit krankheitsbedingt nicht mehr in geeigneter Form ausgeführt werden kann. In kleinen Betrieben mit weniger als 10 Mitarbeitern unterliegt niemand dem Kündigungsschutzgesetz. Der Arbeitgeber muss in diesem Falle die Kündigung nicht einmal begründen. In größeren Unternehmen braucht es einen zulässigen (verhaltensbezogenen, personenbezogenen oder betriebsbedingten) Kündigungsgrund.

Aufmerksam sollte man bei einer personenbezogenen Kündigung sein, die aufgrund einer „negativen Zukunftsprognose“ vom Arbeitgeber ausgesprochen wurde. Etwa häufige Ausfälle oder Fehlzeiten, ein sich verschlechternder Gesundheitszustand, der zu einer verminderten Belastbarkeit führt, können den Arbeitgeber dazu bewegen, dass diese betrieblichen Beeinträchtigungen zu einer erheblichen Belastung des Unternehmens werden. Dann könnten Betroffene vom Kündigungsschutz auf Grund eines Schwerbehindertenausweises profitieren. 

Nicht ratsam ist außerdem die Verweigerung der Antwort nach oder unwahre Angaben bzgl. eines Behindertenausweis, dies kann  letztendlich zu einer Anfechtungt des Arbeitsvertrages führen.

Grad der Behinderung und Gleichstellung bei Diabetes

Egal wie groß das Unternehmen ist, ab einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 profitiert der Arbeitnehmer vom Kündigungsschutz durch den Besitz eines Schwerbehindertenausweises. Der GdB wird nicht wahllos vergeben, es müssen hier erhebliche Beeinträchtigungen nachgewiesen werden. Bei insulinbehandelten Menschen liegt z. B. ein GdB von 30 vor, wenn keine weiteren Folgeerkrankungen bekannt sind. Jetzt könnte man sich überlegen, statt einem Schwerbehindertenstatus eine „Gleichstellung“ zu beantragen. Einen Kündigungsschutz erwirkt man erst, wenn der Arbeitnehmer schon mindestens sechs Monate im Arbeitsverhältnis steht und der Antrag mindestens drei Wochen vor Aussprechen der Kündigung gestellt und amtlich genehmigt wurde.

Autorinnen

Autorin Astrid HofmannClaudia Donath und Astrid Hofmann sind Diabetesberaterinnen DDG (Deutsche Diabetes Gesellschaft): Sie bringen umfangreiche Erfahrung rund um das Thema Diabetes mit und haben dabei große Freude dieses Wissen in Form von leicht verständlichen Texten und aktuellen Beiträgen für den Leser aufzubereiten. Darüber hinaus beraten und schulen sie mit viel Engagement Menschen aller Typen des Diabetes, dazu zählen insbesondere auch Kinder und Schwangere.

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