Sommerhitze und Diabetes - Tipps und Tricks
Sonne ist ein Lebenselixier – kaum etwas tut Körper und Seele so gut wie die ersten Frühlingsstrahlen. Je weiter das Jahr voranschreitet, desto mehr gehen die Meinungen bezüglich der steigenden Temperaturen auseinander. Doch egal, ob man eher ein Sommer- oder Wintermensch ist, die letzen Sommer hatten es in Deutschland ganz schön in sich. Besonders das Jahr 2019 hat sich mit seiner langen Hitzewelle und einem Rekordwert von 42,6 Grad Celsius sicher einen Eintrag in die Geschichtsbücher reserviert. Und die nächste Hitzewelle kommt bestimmt …
Ab wann ist es zu heiß für den Körper?
Heiß ist nicht gleich heiß, wichtig ist die „gefühlte“ Temperatur. Dabei handelt es sich um das Wärmeempfinden der Menschen im Freien, also ein Mix aus Lufttemperatur, Luftfeuchte, Wind und Sonneneinstrahlung. So kommen Menschen bei 50 Grad heißer, trockener aber windiger Wüstenluft oft besser zurecht als bei Temperaturen um die 30 Grad mit sehr hoher Luftfeuchtigkeit.
Dennoch sind hohe Temperaturen für den Körper oft eine Belastung. Die Kerntemperatur im Körper liegt bei 37 Grad, auf der Haut sind es etwa 34 Grad. Ist die Umgebungstemperatur höher, kann der Körper überschüssige Wärme nur durch Schwitzen abgeben. Der Schweiß verdunstet und entzieht dem Körper so Wärmeenergie. Doch dafür muss die Umgebungsluft genug Feuchtigkeit aufnehmen können. Ist also die Luftfeuchtigkeit schon sehr hoch, kann Schwitzen weniger kühlen. Steigt die Körpertemperatur um nur wenige Grad, wird es kritisch, eine Körpertemperatur über 42 Grad ist tödlich.
Bei Affenhitze muss der Körper also einiges leisten, um die Körpertemperatur stabil zu halten. Dazu kommt, dass sich beispielsweise ältere Menschen nicht mehr so gut an Wärme bzw. extreme Hitzewellen anpassen können. Aber auch Menschen mit chronischen Krankheiten wie zum Beispiel Bluthochdruck, Herzschwäche, chronischer Bronchitis, Asthma oder Diabetes sind besonders gefährdet.
Hitze kann Insulinbedarf und Wirkung von Insulin beeinflussen.
Bei Menschen mit Diabetes kann Hitze auf verschiedene Weise den Insulinbedarf bzw. die Wirkung von Insulin beeinflussen.
Insulin kann bei Hitze schneller wirken
Zum Beispiel können hohe Temperaturen den Blutfluss beschleunigen, damit gelangt gespritztes Insulin schneller in den Körperkreislauf und wirkt schneller. Je höher die Temperaturen, vor allem bei trockener Hitze, desto schneller kann Insulin wirken (dies gilt auch bei einem Saunabesuch).
Steigende Temperaturen, sinkende (Glukose-)Werte?
Natürlich spielen auch andere Faktoren eine Rolle. So kann es zum Beispiel sein, dass man sich bei großer Hitze schlapp fühlt und sich weniger bewegt, oder eben gerade viel bewegt, weil man schwimmen geht. Viele Menschen haben bei hohen Temperaturen auch weniger Hunger, essen also weniger. Regelmäßige Glukosemessungen werden aber schnell zeigen, ob die Werte höher oder niedriger liegen und die Insulindosis ggf. angepasst werden muss.
Bei einer Insulinpumpentherapie kann dies über eine Erhöhung oder Absenkung der temporären Basalrate erfolgen. Wird Insulin gespritzt, kann auch hier die Menge des Basalinsulins erhöht oder reduziert werden. Betroffene sollten dies mit ihrem Diabetesteam besprechen. Wichtig ist und bleibt der regelmäßige und ggf. etwas häufigere Blick auf die Glukosewerte. Auch schnelle Kohlenhydrate bzw. Notfall-BEs sollten immer griffbereit sein, um bei niedrigen Glukosewerten sofort reagieren zu können.
Manche mögen‘s heiß – Insulin jedoch nicht
Insulin ist ein Hormon und besteht aus Eiweiß. Temperaturen über 40 Grad hält es nicht stand, es zerfällt und ist damit unbrauchbar. Bekommt das Insulin eine trübe Färbung oder flockt aus, ist es nicht mehr wirksam. Die Ausflockung des Insulins kann aber auch zur Verstopfung von Infusionssets bei Insulinpumpen führen. Auch wenn nichts erkennbar ist, das Insulin aber nicht wie gewohnt wirkt, sollte man es besser austauschen. Im Sommer sollte Insulin deshalb nie ohne Kühlung transportiert werden. Besonders in Autos sind hohe Temperaturen schnell erreicht. Selbst bei leicht geöffnetem Fenster steigt die Innentemperatur eines Wagens, der in der Sonne steht, pro Minute um bis zu einem Grad an.
Wie bewahre ich mein Insulin im Sommer oder bei Hitze auf?
Das Insulin kann zum Beispiel in einer Thermoskanne aufbewahrt werden oder in einer speziellen Kühltasche. Mediq Direkt bietet Ihnen verschiedene Systeme an. Es gibt folienisolierte Taschen mit Kühlelementen bzw. Kühlakkus, die vorher im Kühlschrank bzw. Frost gekühlt werden müssen. Sie dürfen aber das Insulin nie direkt berühren, sondern sollten in die extra eingearbeiteten Fächer gesteckt werden. Wesentlich einfacher in ihrer Handhabung sind Taschen der Marke FRIO. Die Kühlung wird einfach mit kaltem Wasser aktiviert und schützt so ganz ohne Strom und Kühlelement Insulin bis zu 48 Stunden vor Hitze.
Was sollte ich als Insulinpumpenträger(in) beachten?
Für Insulinpumpenträger ist es ratsam, bei Hitze Infusionssets mit geringer Schlauchlänge zu wählen und den Schlauch möglichst unter der Kleidung zu tragen. Auch das Insulin sollte nicht länger als 3 bis 4 Tage in der Insulinpumpe verbleiben. Hier also ggf. das Reservoir nicht ganz befüllen. Wer sich lange in der prallen Sonne aufhält, sollte die Insulinpumpe mit einer speziellen Tasche schützen. Pods und Sensoren sollten unter der Kleidung getragen und ggf. mit z. B. einem Tape oder einer Armbinde/Schweißband zusätzlich geschützt werden.
Wirkt sich Hitze auch auf Teststreifen und Messgeräte für den Blutzuckerspiegel aus?
Aber auch Blutzuckerteststreifen und Messgeräte sind temperaturempfindlich. Je nach Art bzw. Modell werden nur Temperaturen zwischen 10 und 35 Grad Celsius toleriert. Zu hohe oder auch zu niedrige Temperaturen können Gerät und Teststreifen beschädigen und zu ungenauen Werten führen. Wenn das Blutzuckermessgerät über einen Temperatursensor verfügt, zeigt es an, wenn wegen zu niedriger („l“ für „low“) oder zu hoher Temperatur („h“ für „high“) kein genaues Messergebnis ermittelt werden kann. Das ist sinnvoll, denn kein Ergebnis zu erhalten ist sicherer als ein falsches, das zu einer falschen Insulinabgabe führen könnte. Hier muss die Messung bei günstigeren Bedingungen wiederholt werden. Aber Achtung, bei zu hohen Temperaturen oder direkter Sonneneinstrahlung können Messgerät und Teststreifen auch unbrauchbar werden.
Trinken, trinken, trinken
Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist schon an „normalen“ Tagen wichtig. Empfohlen sind mind. 1,5 Liter pro Tag (lt. der dt. Gesellschaft für Ernährung). An extrem heißen Tagen kann sich der Flüssigkeitsbedarf durch z. B. Schwitzen schnell verdoppeln. Nimmt man dann zu wenig Flüssigkeit auf, können Müdigkeit, Schlappheit und Kopfschmerzen die Folge sein. Hiervon können besonders ältere Menschen mit Diabetes betroffen sein, denn mit dem zunehmenden Alter nimmt das Durstgefühl ab. Auf längere Sicht steigt die Gefahr einer Dehydrierung (Austrocknung des Körpers).
Erhöhte Glukosewerte und Flüssigkeitsmangel
Aber nicht nur Schwitzen führt zu einem Flüssigkeitsmangel sondern auch zu hohe Glukosewerte. Der Körper versucht den überschüssigen Zucker vermehrt über den Harn auszuscheiden. Bei Glukosewerten über 13,3 mmol/l bzw. 240 mg/dl steigt für Typ-1 Diabetiker die Gefahr einer Ketoazidose (Übersäuerung des Blutes). Deshalb sollte neben den regelmäßigen Glukosekontrollen zusätzlich der Ketonwert überprüft werden.
Also trinken, trinken und nochmals trinken lautet die Zauberformel, um die Gefahr einer Austrocknung zu bannen. Und zwar nichts eisgekühltes, sondern zimmerwarm, am besten Wasser oder ungesüßte Tees. Und wem das viele Trinken schwer fällt kann auch auf wasserreiche Lebensmittel wie z. B. grüne Gurke, Tomaten oder ähnliches zurückgreifen.
Unser Tipp:
Da wir einen Großteil des getrunkenen Wasser durch Schwitzen, Harn und Atemluft wieder verlieren und unser Körper dadurch vermehrt Mineralien absondert, fehlen ebendiese dann.
Hochwertiges Mineralwasser verdünnt das Blut, reguliert die Körpertemperatur und trägt zum Transport der Nährstoffe bei. Der Rest kann durch mineralstoffreiche Lebensmittel ausgeglichen werden.
Fix fixiert – ausprobieren und üben
Egal ob Infusionsset, Sensor oder Pod – alle verbleiben mit einem Pflaster fixiert einige Zeit auf der Haut. Doch viel Bewegung, vor allem aber vermehrtes Schwitzen bei heißen Temperaturen können das Haften auf der Haut vermindern. Das ist ärgerlich, da häufig Ersatz für die zu früh „abgefallenen“ Sensoren, Infusionssets oder Pods von den Krankenkassen nicht erstattet wird.
Zusätzlich fixieren erhöht den Halt
Konkrete Hinweise, wie die Haftung verbessert werden kann, können Hersteller nur begrenzt geben. Zum einen sicher aus produkthaftungsrechtlichen Konsequenzen, zum anderen, weil jeder Mensch anders reagiert.
Im Handel finden Sie eine große Anzahl von Produkten, z. B. Produkte, die die Hafteigenschaften verbessern können (z. B. Skin-Prep Hautschutztücher von Smith&Nephew) oder das eigentliche Pflaster wird mit weiteren Fixiermöglichkeiten überklebt. Dabei gibt es für das jeweilige CGM-/FGM-System, Pod oder Infusonsset schon in Form gestanztes Kinesiotape (z. B. von Diasticker) oder man nutzt einfaches Kinesiotape oder z. B. Vliespflaster und wickelt/klebt es um Pod, Sensor oder Infusionsset bzw. schneidet es sich zurecht. Wichtig beim „selber Basteln“ ist, dass die Ecken des Tapes/Pflasters abgerundet werden (hält dann besser) und beim Freestyle Libre darf das Entlüftungsloch (Loch in der Mitte) nicht überklebt werden.
Unser Tipp:
Die meisten Pflaster lösen sich beim Duschen nicht ab. Damit aber auch beim Schwimmen oder Baden alles an Ort und Stelle bleibt, sollte zusätzlich für diesen Zeitraum eine wasserfeste Abdeckung verwendet werden (z. B. Tegaderm von 3M oder Opsite Flexifix Folie von Smith&Nephew).
Was gut klebt, lässt sich oft nur schwierig wieder lösen
Damit man den Klebeprodukten nicht mit roher Gewalt zu Leibe rücken muss, sollte man besser zu Pflasterlösern greifen. Hier stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, z. B. Sensi-Care Pflasterlöser Spray oder einfache Hausmittel wie Teebaum-, Baby- oder Olivenöl.
Es geht auch klebefrei
Es gibt aber auch eine Vielzahl „nichtklebender“ Fixiermöglichkeiten: z. B. bequeme und atmungsaktive Arm- oder Beinbinden aus leichtem Jersey (von bre.parat oder mellitus one), bunte Fixierbänder für Pods oder Sensoren (z. B. von Diasticker) oder auf sich selbst haftende Fixierbinden (z. B. von B. Braun).
Bei der großen Auswahl an Fixiermöglichkeiten kann es manchmal schwierig sein, das Passende zu finden. Da hilft nur, probieren geht über studieren, sich bei Freunden und Bekannten informieren und ggf. Rücksprache mit dem behandelnden Diabetesteam halten.
Schwitzen = Krabbeln und Jucken?
Wenn die Haut durch das vermehrte Schwitzen mit Hautreizungen reagiert, können Hautschutzprodukte helfen, z. B. Cavilon von 3M oder Askina Barriere Film Spray von B. Braun. Diese hinterlassen einen atmungsaktiven, wasserdichten Schutzfilm zwischen Haut und Klebestoff des Pflasters und können zusätzlich die Haftung verstärken. Dazu wird die Haut wie gewohnt zuerst desinfiziert. Dann wird das entsprechende Hautschutzprodukt aufgetragen und Pod bzw. Infusionsset gesetzt.
Wichtig:
Es wird empfohlen, Hautschutzsprays bei Tragedauern über 72 Stunden hinaus nicht zu verwenden, d. h. für Sensoren ist diese Möglichkeit eher nicht geeignet.
Alternativ für Pods und Infusionssets und speziell für Sensoren kann die so genannte „Sandwichtechnik“ angewendet werden. Hierzu wird nach dem Desinfizieren der Haut ein spezielles Pflaster (acrylatfreies, hypoallergenes Pflaster wie z. B. Fixomull) als Unterlage auf die Haut aufgeklebt. Wichtig ist, dass in der Mitte ein Loch für die Kanüle bzw. den Messfühler des Sensors gelassen wird, da nicht durch das Pflaster gestochen werden darf. Das ganze kann natürlich bei Bedarf noch zusätzlich fixiert werden. Dafür eignen sich besonders nichtklebende Produkte wie Armbinden, Fixierbänder oder -binden.
Spezielle Pflaster helfen
Grundsätzlich sollte die Haut jedoch immer gut gepflegt und Tragestellen regelmäßig gewechselt werden. Zu beachten ist außerdem, dass die Kosten für Pflasterlöser, Allergieblocker und Fixiermaterial im Regelfall nicht von den Krankenkassen übernommen werden. Bei Einreichen eines Kostenvoranschlages kann die Krankenkasse jedoch bei einigen Diagnoseschlüsseln die Kostenübernahme bewilligen.
Von Kopf bis Fuß auf Sommer eingestellt
Natürlich ist das Thema Fußpflege für Menschen mit Diabetes das ganze Jahr über wichtig. Im Sommer sollten sie aber noch einiges zusätzlich beachten. Vor allem das Barfußlaufen sollte tabu sein – selbst in der eigenen Wohnung, da die Nerven in den Füßen geschädigt sein können und so das Risiko hoch ist, sich unbemerkt Verletzungen zuzufügen. Denn egal ob man mit dem Fuss irgendwo dagegen kommt und sich ratzt, in einen spitzen Stein tritt oder die Verbrennung von zu heißem Sand – man spürt es einfach nicht. Daher gilt, immer etwas an den Füßen tragen. Zu empfehlen sind weiche und bequeme Schuhe ohne Innennähte und glatte, nahtlose Diabetiker Socken, denn sie schützen vor Scheuerstellen, Druck und kleinen Verletzungen. Die Füße am besten täglich kontrollieren, entweder selbst oder durch einen Familienangehörigen und Auffälligkeiten (Wunden, Entzündungen und Blasen) sofort fachkundig behandeln lassen.
Sommerzeit ist auch Sandalenzeit und die kommen natürlich mit schön gepflegten Füßen am besten zur Geltung. Doch selbst wer zu übermäßiger Hornhautbildung neigt, darf niemals selbst scharfe Instrumente wie Hornhauthobel oder –raspel benutzen. Besser, nach einem kurzen Fußbad (max. 3 Minuten) die angeweichte Hornhaut mit einem Bimsstein oder einer Keramikfeile entfernen. Die Fußnägel gerade und nicht zu kurz schneiden (zur Orientierung gilt: Zehennagel und Zehenkuppe sollten gleich abschließen) und mit einer Sandpapierfeile die Nagelecken leicht abrunden, um ein Einwachsen bzw. Druckstellen beim Zehennachbarn zu verhindern. Und weil Sonne und Wasser die ohnehin trockene und spröde Haut weiter austrocknen lässt, sollten Füße konsequent gepflegt und am besten täglich mit harnstoffhaltigen Fußcremes (Urea), Cremeschäumen oder Salben verwöhnt werden.