Tabuthema: Drogenkonsum und Diabetes

Was Sie über den Konsum von Drogen bei einer bestehenden Stoffwechselerkrankung Diabetes wissen sollten:

Drogen sind ein Tabuthema. Viele Menschen sprechen nicht über Drogenkonsum und Abhängigkeit und häufig wird einem „Konsumenten“ ein stark stigmatisiertes Bild zugeschrieben.

Die jährlichen Drogenstatistiken sprechen aber dafür, dass Drogen keinesfalls nur auf Bahnhoftoiletten existieren. In Befragungen haben 8,7 % der deutschen Männer und 5,3 % der deutschen Frauen angegeben, in den letzten 12 Monaten ein illegales Rauschgift konsumiert zu haben. Es ist aber von einer höheren Dunkelziffer auszugehen. Die berauschende, antriebssteigernde und auch realitätsverklärende Wirkung macht Drogen so beliebt. Fast jeder Mensch wird in seinem Leben mindestens einmal mit illegalem Rauschgift konfrontiert. Die Nebenwirkungen des Konsums sind vielfältig.

Wie können sich verschiedene Substanzen auf eine bestehende Stoffwechselerkrankung wie zum Beispiel Diabetes mellitus auswirken? Eine kleine Übersicht soll folgender Artikel geben.

Welche Drogen werden am häufigsten konsumiert?

Der illegale Drogenkonsum nimmt in Deutschland jährlich zu. Laut einer Statistik aus einem Auszug aus dem „Bericht zur Drogensituation in Deutschland“ der DBDD (Deutsche Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht) betrug die Lebenszeitprävalenz der 18 - 64 Jährigen im Jahr 2015 28,2 %. Das bedeutet, dass generationsübergreifend fast jeder Dritte in seinem Leben schon einmal eine illegale Substanz konsumiert hat. Konsumierter Spitzenreiter ist mit Abstand Cannabis (Marihuana). Dem Cannabis folgen Amphetamine wie Speed und Metamphetamine wie Crystal, Medikamente (Benzodiazepine und Opiate), Kokain, Ecstasy und Heroin. Etwa 1300 Menschen sterben jährlich in Deutschland aufgrund des Konsums von illegalen Drogen.

Welche Wirkungen und  Nebenwirkungen haben einzelne Substanzen?

Cannabis:

Cannabis wird geraucht oder als Gebäck verspeist. Beim CBD-Öl (Cannabidiol Öl), das zum Beispiel als Arzneimittel gegen starke Schmerzen oder Nebenwirkungen einer Chemotherapie eingesetzt wird, ist der psychoaktive Inhaltsstoff THC nicht enthalten. Man kann es ebenfalls oral aufnehmen.

Bisherige Untersuchungen ergaben, dass Cannabis nicht zu einer körperlichen Abhängigkeit führt. Es entstehen also keine körperlichen Entzugserscheinungen, wenn die Droge nicht konsumiert wird. Dennoch wird Cannabis ein extrem starkes psychisches Abhängigkeitspotenzial zugeschrieben. Die Droge ist aufgrund ihrer bewusstseinsverändernden Wirkungen beliebt. Kurzzeitwirkungen sind Veränderungen des Zeitempfindens, Gefühl der inneren Zufriedenheit und Lachanfälle. Häufige körperliche Effekte sind gerötete Augen, Mundtrockenheit, gesteigertes Hungergefühl, Erhöhung des Pulses, Senkung des Blutdrucks und Müdigkeit. Die langfristigen Folgen sind: Gedächtnisstörungen, Lernschwierigkeiten, Interessenverlust, Motivationsmangel, Depressivität, Psychosen und Angststörungen, Wachstumsstörungen, Schädigung des Erbgutes und damit verminderte Fruchtbarkeit. Außerdem schwächt der Konsum das Immunsystem und steigert bei inhalativem Konsum das Lungenkrebsrisiko um ein Vielfaches.

Medikamente:

Medikamente: Häufige missbräuchlich konsumierte Medikamente sind Morphin-verwandte Substanzen (Opiate) und Benzodiazepine (Diazepam, Lorazepam). Die Medikamentensucht wird häufig unterschätzt. Laut BZgA (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung) wird geschätzt, dass in Deutschland 1,2-1,5 Millionen Menschen medikamentenabhängig sind. Dies sind häufig Beruhigungsmittel, Schlaftabletten und starke Schmerzmittel. Zu dieser Suchtgruppe zählen vorrangig Frauen. Langzeitmedikationen und unzureichende Dosisreduktion von verschriebenen Medikamenten gelten als wesentlicher Abhängigkeitsfaktor. Der Konsum von Tranquilizern und Schlafmitteln verlangsamt die Reaktionsgeschwindigkeit und vermindert die Wachheit. Nicht selten kommt es zu Stürzen und Frakturen. Aber auch Orientierungsstörungen und Gewichtsabnahme sowie starker körperlicher Abbau können Folgen einer Medikamentenabhängigkeit sein.

TabelettenTabeletten

Amphetamine:

Amphetamine und Stimulanzien werden aufgrund ihrer euphorisierenden und aufputschenden Wirkung gern auf Partys konsumiert. Auch die missbräuchliche Einnahme als Appetitzügler ist nicht selten.

Wirkungen sind: gesteigerte Aufmerksamkeit, erhöhte Wachheit, vermindertes Schlafbedürfnis, fehlendes Durst- oder Hungergefühl, vermehrtes Schwitzen, erhöhter Blutdruck und erhöhte Herzfrequenz, Harnverhalt sowie gesteigertes sexuelles Verlangen. Selten kann es bei Überdosierung bis zum Krampfanfall und Kammerflimmern kommen. Langzeitfolgen sind psychische Abhängigkeit, Psychosen, Gewichtsverlust und Nierenschäden.

Jugendtlicher mit AlkoholJugendtlicher mit Alkohol

Metamphetamine:

Metamphetamine sind meist unter dem Namen „Crystal Meth“ bekannt und erfreuen sich gerade in Ostdeutschland aufgrund des niedrigen Preises und der Produktion in Osteuropa immer größerer Beliebtheit. Doch auch zu Zeiten des zweiten Weltkrieges wurde der Wirkstoff in der sogenannten „Panzerschokolade“ verarbeitet. Damit wollte man sich die Wirkungen des Rauschgiftes wie Antriebssteigerung, fehlendes Schlafbedürfnis, Steigerung der Risikobereitschaft und des Selbstvertrauens zu Nutze machen. Blutdruck und Pulsfrequenz werden zum Teil gefährlich gesteigert. Heutzutage wird das Rauschmittel geschnupft, geraucht oder intravenös appliziert. Die Wirkung kann bis zu 36 Stunden anhalten. Die langfristigen Nebenwirkungen sind verheerend: Halluzinationen, Wahnvorstellungen und körperlicher Verfall sind häufig. Konsumenten leiden oft an generalisiertem Juckreiz, schlechtem Zahnstatus, Aggressivität und Herz- Rhythmus-Störungen.

Kokain:

Kokain wird geschnupft, geraucht („Crack“) oder gespritzt. Es kann die Blut-Hirn-Schranke passieren und erhöht die Verfügbarkeit von Neurotransmittern wie Dopamin oder Noradrenalin im Gehirn. Es verursacht ein stark euphorisierendes Gefühl, erhöht die Aufmerksamkeit und steigert den Bewegungsdrang. Konsumenten wirken zuweilen unruhig, reden schnell und wechseln sprunghaft die Themen. Kokain wirkt verengend auf Blutgefäße, steigert den Blutdruck, wirkt betäubend und unterdrückt Bedürfnisse wie Durst, Hunger oder Schlaf. Bei Überdosierung kann es zu Krämpfen und Herzrhythmusstörungen kommen. Auf den Konsum von Kokain folgt oft eine ernüchternde Phase mit Vorherrschen von Gereiztheit, negativer Verstimmung und Erschöpfung. Dieser Effekt steigert das Verlangen nach einer erneuten Einnahme des Rauschgiftes. Kokain hat kein körperliches Abhängigkeitspotenzial, bewirkt aber eine extrem hohe psychische Abhängigkeit.

Heroin:

Heroin ist ein stark analgetisches (schmerzstillendes) Rauschmittel aus der Gruppe der Opioide, welches ein sehr hohes körperliches Abhängigkeitspotenzial hat. Es kann geschnupft, geraucht und nach Erhitzung intravenös appliziert werden. Es kommt in der Regel zu einer schnellen Toleranzentwicklung, sodass Konsumenten schnell auf immer höhere Dosen angewiesen sind. Nach Einnahme kommt es zu einem überwältigenden Gefühl des Glückes und innerer Wärme (sogenannter „Kick“) der in einen gleichgültigen Traumzustand übergeht. Probleme und Schmerzen scheinen in diesem Zustand keinerlei Macht über den Körper zu haben. Es kommt zu einer Verlangsamung der Atmung, Übelkeit, Erbrechen, Juckreiz, Blutdruckabfall, Pulsverlangsamung, Pupillenverengung („Stecknadelpupillen“) und Störungen der Entleerung der Harnblase. Außerdem kann es zu Desorientierung, Verwirrung, Sprach- und Koordinationsstörungen, Gedächtnislücken, extremer Verstopfung und Verringerung der sexuellen Lust kommen.

Alkohol und Tabak:

Übrigens, nicht zu vergessen ist, dass die Folgen von Alkohol- und Tabakkonsum jährlich zu weitaus mehr Toten führen, als die hier aufgezählten Drogen. Rund 74.000 Todesopfer aufgrund Alkoholkonsum sind jährlich für Deutschland zu verbuchen. Häufig in Verbindung mit Tabakkonsum. Die Risiken für potenziell tödliche Verläufe der einzelnen Substanzen durch Mischkonsum addieren sich nicht, sondern multiplizieren sich. Alkohol gilt als gefährlichste Droge. Sie ist außerdem ab einem Alter von 16 Jahren legal zu erwerben und gesellschaftlich anerkannt. Ein gesundheitsschädigender und suchtgefährdender Alkoholkonsum besteht bereits ab 12 g reinem Alkohol für Frauen und 24 g reinem Alkohol für Männer pro Tag. Mit einem halben Liter Bier werden bereits ungefähr 24 g reiner Alkohol konsumiert.

Welchen Einfluss nehmen Drogen auf eine Diabeteserkrankung?

Egal ob kerngesund oder mit Stoffwechselerkrankung: von einem regelmäßigen Drogenkonsum ist generell abzuraten. Doch wenn man konsumiert, sollte man wissen, welchen Einfluss die Substanz auf den eigenen Organismus hat und welche Risiken man bedenken muss.

Generell ist es so, dass aufputschende Drogen wie Amphetamine, Metamphetamine und Kokain den Stoffwechsel extrem ankurbeln, Hunger- und Durstgefühl vermindern und die Flüssigkeitsausscheidung über Urin und Schweiß steigern. Gleichzeitig werden durch das vermehrte Ausschütten von Katecholaminen (z. B. Adrenalin) sowie Cortisol und Glucagon die körpereigenen Blutzuckerreserven mobilisiert. Die körpereigene Glukoseproduktion wird angeregt und die Insulinproduktion in der Bauchspeicheldrüse relativ gehemmt.

Party und DrogenTyp-2 Diabetiker haben ein hohes Risiko aufgrund mangelnder Flüssigkeitszufuhr und gesteigertem Blutzucker ein hyperosmolares Koma zu erleiden.

Bei Typ-1 Diabetikern kann es zu einer gefährlichen Hyperglykämie kommen, die in eine Ketoazidose übergehen kann. Aufgrund von mangelnder Wahrnehmung durch eine mögliche Polyneuropathie in Kombination mit Drogenkonsum stellt ein solcher Zustand eine extrem bedrohliche Situation für den Erkrankten dar. Für eine solche Notfallsituation sollte dringend ein Arzt hinzugezogen werden und auf einen bestehenden Diabetes und Drogenkonsum hingewiesen werden. Im Rahmen der ärztlichen Schweigepflicht darf er einen illegalen Drogenkonsum oder –besitz den zuständigen Behörden im Übrigen nicht mitteilen.

Aber auch eine hypoglykämische Stoffwechselsituation ist bei Drogenkonsum möglich: Durch Drogenkonsum wird die Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme vernachlässigt und das Risikoverhalten gesteigert. Die Zeit verfliegt beim Tanzen und schnell vergisst man seine Erkrankung. Der Blutzucker sinkt und die Warnsignale des Körpers werden übergangen. Gerade Mischkonsum mit Alkohol ist besonders gefährlich, da dieser die körpereigene Glukosebereitstellung durch die Leber hemmt. Legt man sich dann schlafen, kann es zu gefährlich niedrigen Blutzuckerwerten kommen.

Aufputschende Drogen haben eine gefäßverengende Wirkung und sind somit zusätzlich schädigend für das Herz-Kreislauf-System. Ein bestehender Bluthochdruck wird intensiviert und Risiken für Ereignisse wie Schlaganfall und Herzinfarkt um ein Vielfaches gesteigert.

Aktuelle Studien gehen davon aus, dass Cannabis und Diabetes in direktem Zusammenhang stehen. Wie genau, ist noch nicht endgültig geklärt. Sicher ist aber, dass Cannabis zu ungesundem Essverhalten führt, da es nach dem Konsum zu sogenannten Fressflashs kommt. Dieses Essverhalten wirkt sich wiederum negativ auf einen bestehenden Diabetes aus.

Im Großen und Ganzen muss man sagen, dass Drogenkonsum - egal welcher Art - sehr riskant ist. Wenn man diese Erfahrung dennoch unbedingt machen möchte, sollte man sich vorbereiten und einen engen Vertrauten einweihen, der im Notfall einen Arzt hinzuziehen kann.

Es empfiehlt sich:
• nicht allein sein,
• vor dem Konsum eine kohlehydratreiche Mahlzeit einzunehmen,
• alle Blutzuckerutensilien dabei zu haben und den Blutzucker auch während des Rausches zu kontrollieren,
• Flüssigkeitsverlust durch häufiges Trinken auszugleichen,
• schnelle Kohlenhydrate griffbereit zu haben,
• Mischkonsum zu vermeiden,
• nicht mit Werten unter 10 mmol/l (180 mg/dl) zu Bett zu gehen, um nächtliche Hypos zu vermeiden.

Wer unterstützt mich beim Verzicht auf Drogen?

Entscheidet man sich für einen Drogenentzug, sollte man den mutigen Schritt gehen und sich Hilfe suchen. Der Versuch, eine Sucht allein zu überwinden schlägt meist fehl. Wenden Sie sich vertrauensvoll an ihren Hausarzt und schildern Sie das Problem. Dieser kann weitere Schritte, wie zum Beispiel eine Anmeldung zur Entgiftung in die Wege leiten.

Manche niedergelassenen Ärzte haben zusätzlich eine suchtmedizinische Qualifikation. Recherchieren Sie ganz einfach im Internet. Möchten Sie sich zunächst über Möglichkeiten von Prävention oder Entzug informieren, hilft Ihnen ebenfalls das Internet weiter.

Außerdem gibt es zahlreiche Suchtberatungsstellen in ganz Deutschland.

Rund um die Uhr ist die bundesweit einheitliche „Sucht & Drogen Hotline“ unter der 01805 / 313 031 zu erreichen. Hier erhalten Sie Hilfe und Beratung rund um das Thema Drogen und Sucht.

Die BZgA hat ein Telefon zur Suchtprävention eingerichtet, welches Montag bis Donnerstag 10-22 Uhr, sowie Freitag bis Sonntag 10-18 Uhr unter der Nummer 0221 / 89 20 31 zu erreichen ist. 

Autorin

Autorin Miximiliane HantelMaximiliane Hantel, Ärztin: Während meines Medizinstudiums in Halle an der Saale, hatte ich die Chance den Menschen in seiner Gesamtheit zu studieren. Neben den anatomischen Gegebenheiten, welche man sich bis zum ersten großen Staatsexamen mühselig zu Gemüte führen muss, begannen mich auch die komplexen Regelkreise des menschlichen Systems zu interessieren. Wie interagieren die menschlichen Organe miteinander? Welche Kommunikationswege gibt es zwischen Sender-, und Empfängerzelle? Und wie kann es mitunter gelingen, in Kommunikationskaskaden einzugreifen um ein Symptom zu lindern und womöglich eine Krankheit zu heilen?

Die Erkrankung Diabetes betrifft viele Menschen in unseren Breitengraden, umso spannender und wichtiger ist dieses Thema für unsere Gesellschaft. Die vielen Ansatzpunkte zur Behandlung des Diabetes empfinde ich zum jetzigen Zeitpunkt als sehr komfortabel. Arzt und Patient können zusammen entscheiden, welche Therapieform die Geeignetste sein kann. Dafür ist jedoch eine Menge Aufklärung und Kenntnis über die Erkrankung, vor allem für die Erkrankten, notwendig. Ich hoffe, dass ich mit meiner Arbeit für Mediq Direkt einen kleinen Teil zu dieser Weiterbildung beitragen konnte. Ich selber habe davon sehr profitiert. Nach Abschluss meines Studiums habe ich die Facharztausbildung zur Neurologin eingeschlagen und ich stelle fest, dass das Gehirn gar nicht soweit von der Bauchspeicheldrüse entfernt ist.

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