Diabetes im Straßenverkehr - Immer sicher unterwegs

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Mobilität hat in der heutigen Zeit einen wichtigen Stellenwert. Für viele ist der Führerschein eine wichtige Voraussetzung für die Ausübung ihres Berufes. Aber auch für die Freiheit in der Gestaltung der eigenen Freizeit ist das Auto nur schwer entbehrlich.

Doch welche Auswirkungen hat die Diagnose Diabetes mellitus auf die Fahrtauglichkeit? Dürfen Menschen mit Diabetes überhaupt Auto fahren? Und wenn ja, welche Besonderheiten gilt es zu beachten?

Schätzungsweise jeder zehnte Führerscheinbesitzer in Deutschland ist an Diabetes erkrankt, das heißt, fast 6 Millionen Menschen mit Diabetes haben einen Führerschein. Menschen mit Diabetes verursachen nicht häufiger Unfälle im Straßenverkehr als solche ohne Diabetes. Dennoch kann die Erkrankung Situationen provozieren, die das sichere Führen eines Kraftfahrzeuges einschränken, insbesondere bei Hypoglykämien. Bislang gab es jedoch keine anerkannten wissenschaftlichen Bewertungen über die Fahrtauglichkeit bei Diabetes. Damit entstand für viele Ärzte, Diabetesberater, Verkehrsmediziner, Psychologen, Behörden und Versicherungsfachleute eine rechtliche Grauzone. Es fehlten klare Regeln, ob und unter welchen Voraussetzungen Diabetiker fahrtauglich sind. Häufig wurde z. B. die Meinung vertreten, dass Diabetiker, die mit Insulin behandelt werden, nicht als Busfahrer oder Lkw-Fahrer arbeiten können. Auch ein hoher Langzeitblutzucker galt schon als Grund, einem Menschen mit Diabetes den Führerschein zu verweigern. Vorurteile und der vermeintliche Schutz der allgemeinen Sicherheit hatten oft den gänzlichen Entzug der Fahrerlaubnis zur Folge. Deshalb ist die am 22. März 2018 vorgestellte Leitlinie "Diabetes und Straßenverkehr" der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) so wichtig.

Erste Leitlinie für mehr Rechtssicherheit

Die zentrale Aussage der ersten Leitlinie „Diabetes und Straßenverkehr“ besagt, dass fast alle Menschen mit Diabetes aktiv am Straßenverkehr teilnehmen dürfen, sowohl im Privat-PKW als auch beruflich, z. B. als Busfahrer, im Lastwagen oder Taxi. Die Leitlinie ist bis zum 30.11.2022 gültig und gibt nun endlich den Ärzten, Gutachtern etc. klare Kriterien, wann sie Menschen mit Diabetes grünes Licht fürs Autofahren geben dürfen und wann nicht. Gleichzeitig erhöhen die Kriterien der Leitlinie die Chancen, dass Betroffene ihren Führerschein behalten können.

Fahreignung und Führerschein

Voraussetzung für das Führen eines Kraftfahrzeuges ist eine entsprechende Fahrerlaubnis, auch Führerschein genannt. Dafür muss die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen entsprechend der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (FahrerlaubnisVerordnung - FeV) vorliegen.

Im § 11 Absatz 1 der FeV ist geregelt: „Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel [...] vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird. […]“

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Bekomme ich mit Diabetes mellitus überhaupt den Führerschein?

Menschen mit Diabetes, deren Behandlung mit niedrigem oder sogar ohne Hypoglykämie-Risiko einhergeht und die nur mit Diät und Lebensstilanpassung, sowie mit Diät und Medikamenten (Biguanide (Metformin), Alpha-Glukosidase-Hemmer (Arcabose), Thiazolidindione (Glitazone), DPP-4-Inhibitoren, SGLT-2-Inhibitoren und Inkretinmimetika in Monotherapie oder als Kombinationspräparate untereinander) zur Besserung der Insulinresistenz und/oder zur verzögerten Aufnahme von Zucker aus dem Darm behandelt werden, können uneingeschränkt am motorisierten Straßenverkehr teilnehmen. Voraussetzung ist eine ausgeglichene Stoffwechsellage ohne Folgekomplikationen. Aber auch Behandlungsformen mit höherem Hypoglykämierisiko, wie z. B. mit Insulin oder mit oralen Antidiabetika, schließen die Fahrtauglichkeit nicht grundsätzlich aus.

Bei ausgeglichener Stoffwechsellage und ungestörter Hypoglykämiewahrnehmung, können auch Menschen, die ihren Diabetes mit Medikamenten zur Förderung der körpereigenen Insulinausschüttung (Sulfonylharnstoffe (Glibenclamid,Glimepirid), Glinide (Nateglinid, Repaglinid) in Monotherapie oder als Kombinationspräparate untereinander) oder mit Insulin behandeln, nach Therapieeinstellung und Schulung den Führerschein für Kraftfahrzeuge der Klassen AM, A1, A2, A, B, BE, L, T neu erworben bzw. behalten.

Nach erstmaliger Stoffwechselentgleisung z. B. innerhalb der Einstellungsphase auf Insulin, aber auch bei einer Therapieumstellung oder wenn sich Dosisänderungen ergeben, ist die Fahrtauglichkeit erst wieder gegeben, wenn die Stoffwechsellage ausgeglichen und die Normalisierung des Sehvermögens abgeschlossen ist.

Der Erwerb eines Führerscheins der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE, D1E oder einer Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung (FzF) setzt den Nachweis einer stabilen Stoffwechselführung ohne Hypoglykämien über mindestens drei Monate voraus.

Für Personen, die ihren Diabetes mit oralen Antidiabetika oder mit Insulin behandeln, gelten als Auflagen für einen entsprechenden Führerschein neben regelmäßigen ärztlichen Kontrollen auch fachärztliche Begutachtungen.

Wer als Diabetiker zu schweren Stoffwechselentgleisungen neigt, egal ob bei Hypoglykämien mit Kontrollverlust, Verhaltensstörungen oder Bewusstseinsbeeinträchtigungen oder Hyperglykämien mit ausgeprägten Symptomen wie z. B. Schwäche, Übelkeit, Erbrechen oder Bewusstseinsbeeinträchtigungen, ist nicht in der Lage, den gestellten Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen aller Klassen gerecht zu werden.

 

Fahrzeuggruppe 1 - "leichte" Kraftfahrzeuge
Kein Problem bei guten Blutzuckerwerten, ausgeglichener Stoffwechsellage und ungestörter Hypoglykämiewahrnehmung.

Klasse AM

2- und 3-rädrige Kleinkrafträder und 4-rädrige Kfz ≤ 350 kg, ≤ 45 km/h, ≤ 50 ccm (Benziner), ≤ 4 kW (Diesel, Elektro)

Klasse A1

Leichtkrafträder ≤ 125 ccm Hubraum, ≤ 11 kW, ≤ 0,1 kW/Kg; sowie 3-rädrige Kfz ≤ 15 kW

Klasse A2

Krafträder ≤ 35 kW, ≤ 0,2 kW/Kg

Klasse A

Krafträder, 3-rädrige Kfz ≥ 15 kW

Klasse B

4-rädrige Kfz ≤ 3.500 kg, max. 8 Personen (+ Fahrer), mit Anhänger ≤ 750 kg und Gesamtgewicht: ≤ 4.250 kg, mit Anhänger > 750 kg und Gesamtgewicht: ≤ 3.500 kg)

Klasse BE

mit Anhänger bis 3.500 kg und Gesamtgewicht ≤ 7.000 kg

Klasse L und T

Land- und forstwirtschaftliche Nutzfahrzeuge, selbstfahrende Arbeitsmaschinen, Stapler etc.

Fahrzeuggruppe 2 - "schwere" Kraftfahrzeuge
Nur mit ärztlichem Gutachten und einer nachweislich guter Stoffwechselführung ohne Hypoglykämien
über mindestens 3 Monate.

Klasse C

Lkw > 3.500 kg, max. 8 Personen (+ Fahrer), Anhänger ≤ 750 kg

Klasse C1

Lkw bis 7.500 kg, zur Beförderung ≤ 8 Personen (+ Fahrer), Anhänger ≤ 750 kg

Klasse CE

Klasse C + Anhänger > 750 kg

Klasse C1E

Zugfahrzeug Klasse B, Anhänger > 3.500 kg, Gesamtgewicht ≤ 12.000 kg oder Zugfahrzeug Klasse C1, Anhänger > 750 kg, Gesamtgewicht ≤ 12.000 kg

Klasse D

Busse zur Beförderung > 8 Personen (+ Fahrer), Anhänger ≤ 750 kg

Klasse D1

Klasse D, ≤ 16 Personen (+ Fahrer), Anhänger ≤ 750 kg, Länge ≤ 8 m

Klasse DE

Klasse D + Anhänger > 750 kg

Klasse D1E

Klasse D1, Anhänger > 750 kg

FzF

zusätzliche Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung

 

Muss ich meinen Diabetes beim Antrag auf Fahrerlaubnis angeben?

Allgemein gilt: In behördlichen Verfahren sind grundsätzlich wahrheitsgemäße Angaben zu machen. Erfährt die Behörde später von einer falschen Angabe, kann die Fahrerlaubnis im Zweifel zurückgenommen werden.
Werden im Antrag lediglich freiwillige Angaben zu Krankheiten erbeten, dann kann der Diabetes verschwiegen werden.

Wird ohne den Hinweis auf eine Freiwilligkeit die Frage zur Diabeteserkrankung gestellt, muss entweder wahrheitsgemäß geantwortet werden oder aber die Beantwortung ausdrücklich verweigert werden.

Beim Antrag auf Erteilung der Fahrerlaubnis für die Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE, D1E, FzF sind im Rahmen ärztlicher Untersuchungen Angaben zum Gesundheitszustand zu machen.

Muss bei bestehender Fahrerlaubnis und neuentdecktem Diabetes die Erkrankung gemeldet werden?

Die Diabeteserkrankung muss nicht unaufgefordert gemeldet werden. Die FeV fordert aber in § 2 (1): „Wer sich infolge körperlicher oder geistiger Beeinträchtigung nicht sicher im Verkehr bewegen kann, darf am Verkehr nur teilnehmen, wenn Vorsorge getroffen ist, dass er andere nicht gefährdet. Die Pflicht zur Vorsorge [...] obliegt dem Verkehrsteilnehmer selbst.“ Diese Eigenverantwortung wird durch entsprechende Gruppen- ggf. auch Einzelschulungen unterstützt.

Kann ich unter Insulintherapie weiter LKW, Taxi oder Bus fahren?
Ja, nach Anlage 4 der FeV muss ein Mensch mit Insulintherapie beim Führen von Fahrzeugen der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE, D1E und FzF (Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung) genauso bewertet werden, wie Menschen, deren Diabetes mit Ernährungsumstellung oder oralen Antidiabetika therapiert wird. In beiden Fällen besteht eine bedingte Eignung bei guter Stoffwechselführung ohne Hypoglykämien über drei Monate. Dafür ist ein ärztliches Gutachten erforderlich. Eine weitere Auflage sind regelmäßige ärztliche Kontrollen und eine fachärztliche Begutachtung alle 3 Jahre.

Welche Mitwirkungspflichten habe ich bei Diabetes?
Um das Risiko für die eigene Gesundheit und die der anderen Verkehrsteilnehmer so gering wie möglich zu halten, gibt es gesetzliche Verordnungen. Grundsätzlich liegt es aber in der Verantwortung jedes einzelnen Verkehrsteilnehmers, für die Sicherheit im Straßenverkehr zu sorgen.

Für Menschen mit Diabetes bedeutet dies an vorderster Stelle, durch regelmäßige Blutzuckerselbstkontrollen und akribische Dokumentation der Therapie und Einstellung in ein Tagebuch, ihren Blutzucker immer im Blick zu haben (Tipp: bewahren Sie Ihre Tagebücher chronologisch sortiert auf, denn in einem etwaigen Streitfall kann dies von Vorteil sein), ihre Stoffwechseleinstellung regelmäßig (ca. alle 6-12 Wochen) vom Arzt überprüfen zu lassen, die Unterzuckerungen zuverlässig zu erkennen und zu behandeln und Stoffwechselentgleisungen rechtzeitig vorzubeugen.

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Medizinische Gutachten

Bestehen Zweifel an der Fahreignung durch krankheitsbedingte Komplikationen (z. B. Hypoglykämien) oder weitere, mit dem Diabetes einhergehende Erkrankungen (z. B. den Augen, Nieren oder Nerven), wird die Fahrerlaubnisbehörde die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens anordnen. Dieses Attest wird auch beim Antrag auf Erteilung der Fahrerlaubnis für die Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE, D1E und FzF (Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung) benötigt.

Die Kosten für ein solches Gutachten muss der zu begutachtende selbst tragen. Erst im Anschluss an das Gutachten wird über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen, Auflagen oder den Verlust der Fahrerlaubnis entschieden.

Die Entscheidung orientiert sich an den Regelungen der FeV (insbesondere an der Anlage 4a, Abs. 1c) sowie an den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung. Die Untersuchung soll von einem Facharzt für Innere Medizin oder Diabetologie mit verkehrsmedizinischer Qualifikation vorgenommen werden. Dabei wird insbesondere geklärt:

  • wie viele fremdhilfebedürftige Hypoglykämien gab es in den vorangegangenen 12 Monaten,
  • werden Hypoglykämien erkannt und wird adäquat reagiert,
  • werden regelmäßig Blutzuckerselbstkontrollen durchgeführt und wird der Stoffwechselverlauf dokumentiert,
  • sind die besonderen Risiken einer Hypoglykämie im Straßenverkehr geschult und bekannt,
  • ist der generelle Umgang mit der Erkrankung hinreichend geschult.

In der Regel sind Menschen mit Diabetes, die eine ausgeglichene Stoffwechsellage ohne schwere Hypoglykämien oder Hyperglykämien erreicht haben und keine Krankheitszeichen zeigen oder erwarten, zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet.

Mögliche Auflagen können zum Beispiel Blutzuckerselbstkontrollen und deren Dokumentation vor Fahrtantritt und während längerer Fahrten oder das Führen eines Fahrtenbuches sein.

Aufklärungspflicht durch Arzt und Diabetesteam

Der Arzt bzw. das Diabetesteam ist dazu verpflichtet (nach §630e Abs. 1 BGB), jeden Diabetiker mündlich über das therapiespezifische Hypoglykämierisiko, die daraus resultierende Gefahr im Straßenverkehr und über die geeigneten Maßnahmen zur Risikominimierung zu informieren, wenn eine blutzuckersenkende Therapie durchgeführt wird, die ein potentielles Hypoglykämierisiko mit sich bringt.

Zudem ist der Arzt nach §630f BGB verpflichtet, das Aufklärungsgespräch (Inhalt, welche Empfehlungen ausgesprochen wurden und die individuelle Bewertung des Betroffenen) umfassend und ordnungsgemäß in der Patientenakte zu dokumentieren. Wird ein ärztliches Fahrverbot ausgesprochen, muss dies zweifelsfrei aus den Unterlagen hervorgehen. Außerdem sollten Ort, Datum, Uhrzeit, Dauer und ggf. anwesende Personen vermerkt sein.

Ergänzend kann mit einem Aufklärungsbogen gearbeitet werden, den beide Parteien zum Schluss unterzeichnen. Allerdings ist der Aufzuklärende nicht verpflichtet solch ein Dokument zu unterzeichnen.

Kann der Arzt im Falle eines Verkehrsdelikts kein oder nur ein unzureichendes Aufklärungsgespräch nachweisen, so muss er mit arztrechtlichen Konsequenzen rechnen.

Gründe für ein ärztliches Fahrverbot

Es gibt trotz Rechtsprechung Gründe, weshalb Diabetiker nicht am Straßenverkehr teilnehmen dürfen bzw. ihre Fahreignung verlieren. Oft handelt es sich dabei entweder um diabetische Folgeerkrankungen oder therapiebedingte Nebenwirkungen. Mögliche Komplikationen, die Fahrtauglichkeit beeinträchtigen:

  • Zwei schwere Hypoglykämien im Wachzustand innerhalb eines Jahres
    Abhängig vom Schweregrad beeinträchtigen Hypoglykämien die Aufmerksamkeit, Wahrnehmung, Informationsverarbeitung und Reaktionsschnelligkeit. Sie können zu Sehstörungen, Verhaltensstörungen oder sogar Bewusstlosigkeit führen.
  • Hyperglykämien
    Können z. B. mit starker Müdigkeit, Schwäche, Übelkeit, Erbrechen und Bewusstseinsbeeinträchtigung einhergehen.
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen
    Besonders Bluthochdruck kann unter anderem zu Blutungszwischenfällen und Netzhautschäden führen.

  • Diabetische Retinopathie und Makulopathie (Funktionseinschränkung der Netzhautmitte)
    Führt mit Fortschreiten der Krankheit zu Sehstörungen, wie unscharfer und verschwommener Sicht, dunklen Flecken oder rotem Schleier bis hin zur Erblindung.
  • Diabetische Neuropathie bei PNP (periphere Polyneuropathien)
    Es können schwere Funktionsstörungen auftreten, die zu einer Beeinträchtigung der Bewegungsfunktion führen, z. B. bei der Benutzung der Autopedalen (Kupplung/ Bremse/Gas).
  • Diabetische Nephropathie
    Kann mit erheblichen Beeinträchtigungen des Allgemeinbefindens, Einschränkung der Leistungsfähigkeit und weiteren Begleiterkrankungen einhergehen.
  • Depressionen
    Die Einnahme von Antidepressiva kann zu Einschränkungen der kognitiven Fähigkeiten führen.
  • Unbehandeltes Schlaf-Apnoe-Syndrom (Aussetzung der Atmung im Schlaf)
    Atemaussetzer stören den Schlaf massiv und führen zur enormen Müdigkeit und Erschöpfung. Während der Autofahrt steigt die Gefahr des plötzlich eintretenden Sekundenschlafs.

Maßnahmen zur Wiederherstellung der Fahreignung

Wem zunächst keine Fahreignung bescheinigt wurde, muss jedoch keine Angst haben, dauerhaft seinen Führerschein zu verlieren. Oftmals lässt sich eine mangelnde Fahreignung durch geeignete Maßnahmen wiederherstellen:

Optimierung der Diabetestherapie zur Minimierung des Hypoglykämierisikos
Ursachensuche - warum ist es zu einer Hypoglykämie gekommen und kann eine erneute Hypoglykämie eventuell durch die Umstellung der Medikamente, Optimierung der Ziel-Blutglukosewerte, Anpassung der Messfrequenz etc. zukünftig vermieden werden?

Strukturierte Diabetesschulung
In entsprechenden Schulungen kann man seine Kompetenz im Umgang mit Diabetes verbessern. So können beispielsweise Behandlungsfehler, die zu Hypoglykämien führen reduziert werden. Weiterhin kann erlernt werden, Hypoglykämien frühzeitig zu erkennen, unter anderem auch, in welchem Zusammenhang diese auftreten und wie diese zukünftig weitgehend vermieden werden können.

Training der Hypoglykämie-Wahrnehmung
Es gibt spezielle Trainingsprogramme zur Verbesserung der Hypoglykämie-Wahrnehmung. Diese umfassen neben der Vermittlung von Wissen über die Entstehung solcher Störung auch umfangreiches Training zur besseren Wahrnehmung einer Hypoglykämie. Der Umgang mit Hypoglykämien und Strategien zur Vermeidung werden trainiert. Dazu können auch Angehörige mit einbezogen werden.

Einsatz von Insulinpumpe und kontinuierlichem Glukosemonitoring
Diese Therapieumstellung ist hauptsächlich für Menschen mit Typ-1-Diabetes geeignet. So kann z. B. ein System zur kontinuierlichen Glukosemessung in Verbindung mit einer Insulinpumpe (SuP) die Insulinzufuhr der Pumpe bei niedrigen Werten automatisch stoppen. Systeme zur kontinuierlichen Glukosemessung (CGM/rt-CGM) warnen mit akustischen Signalen bei zu niedrigen Werten. Studien belegen, dass die Verwendung dieser technischen Geräte hilft, das Risiko von schweren Hypoglykämien signifikant zu reduzieren.

Ratschläge für insulinbehandelte Kraftfahrer

Betroffene, die mit Insulin behandelt werden, sollten zur eigenen Sicherheit und zur Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer folgende Ratschläge kennen und beachten. So sind sie auch für eventuell notwendige Gutachten gewappnet.

Allgemeines:

  • Bei unklaren und unkontrollierten Blutzuckerschwankungen, z. B. nach Therapieneueinstellung oder -umstellung, sollten Sie das Auto stehen lassen, bis Ihre Blutzuckerwerte wieder stabil sind.
  • In den ersten Wochen nach Diabetesfeststellung, Diabetesneueinstellung oder Beginn der Insulintherapie kann es außerdem zu Sehstörungen kommen. Verzichten Sie deshalb auf das Autofahren.
  • Nehmen Sie regelmäßige ärztliche Kontrollen wahr und lassen Sie mindestens einmal jährlich Ihre Sehleistung untersuchen (Bestandteil der Vorsorgeuntersuchungen). Dokumentieren Sie dies, z. B. in Ihrem Gesundheitspass.

Vor Fahrtantritt:

  • Testen Sie prinzipiell vor jeder Fahrt Ihren Blutzucker und dokumentieren Sie das Ergebnis in Ihrem Tagebuch. Dies dient nicht nur zu Ihrer eigenen Sicherheit, sondern ist auch aus juristischen Gründen sehr wichtig.
    Starten Sie die Fahrt nicht, wenn Ihr Blutzuckerwert niedriger als 90 mg/dl bzw. 5,0 mmol/l ist!
  • Hinterlegen Sie im Auto griffbereit immer eine ausreichende Menge an schnellwirksamen Kohlenhydraten (Traubenzucker, Flüssigzucker, Saft, Cola). Auch Ihr Beifahrer sollte den Aufbewahrungsort kennen, um beim Verdacht auf Hypoglykämie schnell reagieren zu können.
  • Es ist wichtig, nicht vom gewohnten Tagesrhythmus in Bezug auf Mahlzeiten und Insulininjektionen abzuweichen.

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  • Spritzen Sie vor dem Fahrtantritt nie mehr Insulin als üblich und essen Sie nicht weniger. Essen Sie lieber etwas mehr Kohlenhydrate, keineswegs weniger als Sie normalerweise zu sich nehmen.
  • Nehmen Sie für Ausnahmesituationen (z. B. Stau) auch Obst, Knäckebrot oder Kekse als Zwischenmahlzeiten und Notreserve mit.
  • Führen Sie auch bei Kurzstrecken immer Blutzuckermessgerät und -teststreifen, Diabetikerausweis, Insulin und ggf. Glukagon im Fahrzeug mit. Schützen Sie die Diabetesutensilien vor Hitze, zum Beispiel im Schatten unter dem Beifahrersitz in einer Thermoskanne oder in speziell dafür entwickelten Produkten wie z. B. Taschen mit Kühlung.
  • Vermeiden Sie, wenn möglich, lange Fahrten (besonders Nachtfahrten), die Ihren üblichen Tagesrhythmus stören.
  • Verzichten Sie vor der Fahrt auf den Genuss von Alkohol, da es durch Alkoholgenuss zu Unterzuckerungen kommen kann. Empfehlenswert ist, schon am Tag vor der Fahrt auf Alkohol zu verzichten.
  • Treten Sie bei einer Unterzuckerung oder dem Verdacht auf eine Unterzuckerung die Fahrt nicht an.
  • Für Pumpen- und CGM-Träger: Legen Sie den Sicherheitsgurt nicht direkt über die Insulinpumpe oder Einstichstelle des Infusionssets/CGM-Sensors. Bedenken Sie dies bereits beim Setzen des Infusionssets/CGM-Sensors.

Während der Fahrt:

  • Legen Sie bei längeren Fahrten alle 2-3 Stunden eine Bewegungspause ein, kontrollieren und dokumentieren Sie Ihren Blutzucker und essen gegebenenfalls Kohlenhydrate. Es ist wichtig auch Behandlungsmaßnahmen wie Kohlenhydratzufuhr zur Erhöhung des Blutzuckerspiegels oder Insulindosisanpassung zu dokumentieren!
  • Halten Sie bei den geringsten Anzeichen einer Unterzuckerung während der Fahrt sofort an, essen Sie mindestens 2 BE schnellwirksame Kohlenhydrate und messen Sie im Anschluss Ihren Blutzucker. Hat sich eine Unterzuckerung bestätigt, sollten Sie vorsorglich noch eine langsam wirkende BE/KE essen, um eine weitere Unterzuckerung zu vermeiden.

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  • Fahren Sie nach einer festgestellten Unterzuckerung erst weiter, wenn eine Kontrollmessung nach ca. 30 Minuten ergeben hat, dass der Blutzucker hinreichend angestiegen ist und die Symptome der Unterzuckerung nicht mehr spürbar sind.

Was ist bei einem Unfall zu tun?

  • Bewahren Sie Ruhe.
  • Essen Sie im Zweifel etwas, gern auch Kohlenhydrate (z. B. Traubenzucker). So steigt Ihr Blutzucker an, schließlich kann es sein, dass eine Unterzuckerung vorliegt, bzw. es sonst zu einer Unterzuckerung kommen kann.
  • Machen Sie möglichst nur Angaben zur Person (Name, Geburtsdatum, Adresse) und nicht zur Diabeteserkrankung. Geben Sie Ihre Erkrankung am Unfallort an, kann dies der Fahrerlaubnisbehörde gemeldet werden. Beachten Sie allerdings, dass Sie gegenüber der Behörde grundsätzlich wahrheitsgemäß antworten müssen oder die Aussage verweigern können. Tipp: Lassen Sie Ihre Diabetes-Utensilien bzw. schnellen Kohlenhydrate nicht offensichtlich im Auto liegen.
  • Suchen Sie sich einen Anwalt, der Sie berät und vertritt.

Wir wünschen Ihnen eine gute und sichere Fahrt!

Autorin

Autorin Sandra LangerSandra Langer, ausgebildete Diabetesassistentin, arbeitet seit 2016 als Produktmanagerin bei Mediq Direkt. Sie informiert unsere Kundenberater/-innen in den Fachgeschäften und im Kunden-Service über die jeweiligen Produkteigenschaften und stellt sicher, dass Sicherheits- und Produktinformationen von Herstellern unsere Kunden erreichen. Außerdem aktualisiert und erweitert sie regelmäßig die Mediq Diabetes Informationsbroschüren mit interessanten Inhalten.

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