Insulinpumpe im Alltag

Der Alltag mit einer Insulinpumpe hält viele Überraschungen bereit. Auch medizinische „Nebensachen“ haben eine enorme Bedeutung!

"Ersatzteilkoffer" im Alltag*

Die lebensnotwendigen Utensilien beschränkten sich bei den Injektionstherapien (CT, ICT) auf: 

Bei der Insulinpumpentherapie sollte diesem „Ersatzteilkoffer“ noch Folgendes hinzugefügt werden:

  • Ersatzkatheter
  • Kleine Flasche Desinfektionsspray bzw. Alkoholtupfer o. ä.
  • Ggf. zusätzliche Pflaster und Folien zur Katheterfixierung
  • Ersatzbatterien
  • Insulin- und ggf. Leerampulle 
  • Ggf. Adapter, Gewindestange 
  • Ketonteststreifen (Blut oder Urin)
  • Lanzetten
  • Insulinpumpenträgerausweis
  • Evtl. kleine Bedienungsanleitung
  • Außerdem sollte bei einem eventuellen Totalausfall der Insulinpumpe oder einer Ketoazidose eine kurzfristige Umstellung auf ICT möglich sein. Hierfür eignen sich neben Insulinpens natürlich auch Einmalspritzen (die Skalierung muss der Insulinkonzentration entsprechen, also in der Regel U100) mit lang- und kurzwirksamem Insulin. 

Der komplette „Ersatzteilkoffer“ muss zumindest bei mehrstündigen oder ganztägigen Aktivitäten mitgeführt werden. Für kürzere Aktivitäten kann das Notfall-Set entsprechend ausgedünnt werden. Für eine kleine Joggingrunde oder den Supermarktbesuch reicht das Mitführen von Blutzuckermessgerät und Not-BE natürlich aus!

 

Insulinpumpe und Sport*

Insulinpumpe und Sport

Muskelarbeit erhöht die Insulinempfindlichkeit der Muskel- und Fettzellen. Daher benötigt der Körper weniger Insulin um die gleiche Menge Glukose aus dem Blut aufzunehmen. Übersteigt die körperliche Aktivität das gewohnte Maß, müssen Basalrate und Bolusgaben reduziert werden. Auch nach Beendigung der Aktivität ist die Insulinempfindlichkeit noch für einige Stunden erhöht, während Muskulatur und Leber die entleerten Kohlenhydratspeicher wieder auffüllen („Muskelauffülleffekt“). Ebenfalls ratsam kann es sein zusätzliche Kohlenhydrate  zu verzehren.

Außergewöhnliche Belastungen sollten gut geplant sein. Wichtig dabei sind unter anderem Überlegungen zu Dauer und Intensität der Aktivität, eigenem Trainingszustand, aktuellem Blutzuckerwert und Abstand vom letzten Bolus. 

Als Faustregel könnte man sagen, dass je nach Intensität und Dauer der körperlichen Aktivität eine temporäre Absenkung der Basalrate auf ca. 80 bis 20 Prozent vor und während der Belastung zu empfehlen ist, nach der Belastung auf ca. 80 bis 50 Prozent. Im Einzelfall können sehr drastische Reduktionen erforderlich sein. Allerdings gibt es für die Anpassung keine allgemeingültigen Daten. Dafür gibt es zu viele beeinflussende Faktoren, die bei der körperlichen Aktivität eine Rolle spielen.

Insulinpumpe und Sex*

Moderne Insulinpumpen sind heute so groß wie Handys. Welcher aktive Mensch würde sich heutzutage beim Mitführen eines Handys unzumutbar durch dessen Gewicht belastet fühlen? Ein Gerücht ist, dass eine Pumpe zum Beispiel beim Sport (Sex) stören würde. Das Gegenteil ist der Fall, denn sehr viele Sportler entscheiden sich auf Grund der viel besseren Therapieanpassungsmöglichkeiten und der viel höheren Flexibilität eher für die Insulinpumpen.

Ist die Insulinpumpe ein Liebestöter?

Natürlich ist dieses Thema viel zu individuell, als dass dafür eine allgemein gültige Antwort gefunden werden könnte. In einer festen Partnerschaft sollte die Erkrankung als Teil des Menschen mit Diabetes untrennbar zu der gemeinsamen Beziehung gehören, das heißt die Beteiligten sollten partnerschaftlich das Thema diskutieren, Ängste, Unsicherheiten ansprechen und zusammen nach Lösungen suchen.

Die Erfahrungen zeigen, dass das Abkoppeln der Pumpe, ebenso wie das Überstreifen eines Kondoms, von den betroffenen Paaren mit in das Vorspiel einbezogen werden kann. Die Paare berichten, dass sie sich dadurch nicht in irgendeiner Weise belastet fühlen oder weniger Freude an der Sexualität haben. Mit einem abkoppelbaren Katheter kann die Pumpe mit einem einzigen Handgriff in Sekundenschnelle abgelegt werden. Das Legen einer neuen Nadel ist dann „danach“ auch nicht erforderlich.

Paar

Es muss aber nicht abgekoppelt werden. Die Insulinpumpe selbst kann auch an der „langen Leine“ an einer beliebigen Stelle im Bett platziert werden, wo sie als nicht störend empfunden wird. Anders sieht es natürlich bei der ersten gemeinsamen Nacht oder einem „One Night Stand“ aus.

Wer in solchen Situationen auf die Insulinpumpentherapie verzichten möchte, kann zur Nacht die Menge an Verzögerungsinsulin spritzen, die der Menge an Basalrate entspricht, die in der Insulinpumpe zwischen 22.00 - 08.00 Uhr eingestellt ist. Diese errechnete Menge an Verzögerungsinsulin sollte dann aber je nach Alkoholkonsum und geplanter körperlicher Aktivität um den entsprechenden Prozentsatz reduziert werden.

Natürlich kann die Pumpe auch kurzfristig abgelegt werden, dann empfiehlt es sich, den entsprechenden Zeitraum beim Wiederanlegen der Pumpe mit einem Bolus zu korrigieren, falls ein erhöhter Blutzuckerwert dies erforderlich macht.

Ganz entscheidend ist, dass diese Korrektur mit einem Bolus niemals vor dem Ablegen der Insulinpumpe durchgeführt wird, da sonst noch aktive Basalrate und Boluswirkung zusammentreffen würden und das Risiko für eine Hypoglykämie potenzieren würden, da alle Veränderungen der Basalrate erst mit einer zeitlichen Verzögerung von 1-2 Stunden wirken. Am besten Sie besprechen Ihre individuelle Anpassung direkt mit Ihrem Arzt.

Insulinpumpe in Wasser und Sauna*

Bezüglich der Wasserdichtigkeit der Insulinpumpe sollte man sich an die Empfehlungen des Herstellers halten. Bei Auslieferung sind die meisten Insulinpumpenmodelle zwar bis in geringe Tiefe wasserdicht. Durch den täglichen Einsatz und starke Beanspruchung kann die Wasserdichtigkeit jedoch mit der Zeit beeinträchtigt werden. Meist werden Insulinpumpen daher als spritzwassergeschützt bezeichnet und es wird empfohlen, die Insulinpumpe aus Sicherheitsgründen vor dem Duschen, Schwimmen oder anderen Wasseraktivitäten abzulegen. Genaueres steht in der jeweiligen Bedienungsanleitung. 

Insulinpumpe und schwimmen

Dank der Verfügbarkeit abkoppelbarer Insulinkatheter ist es problemlos möglich, die Insulinpumpe vor einem Wasserkontakt abzulegen und anschließend rasch wieder  anzukoppeln. Eine weitere Möglichkeit ist, das Duschen oder Baden mit einem Wechsel des Insulinkatheters zu verbinden.

Wird die Insulinpumpe für ca. 30 bis 60 Minuten abgelegt, ist die entstehende Versorgungslücke in der Regel so gering, dass keine spezielle Therapieanpassung notwendig ist. Dagegen sollte bei ausgedehnteren Badefreuden (1-2 Stunden) nach Wiederanlegen der Pumpe je nach aktuellem Blutzuckerwert ggf. ein kleiner Bolus abgegeben werden, um die entgangene Basalratenmenge zu ersetzen und um ggf. erhöhte Blutzuckerwerte zu korrigieren.

Wer seine Insulinpumpe laut Herstellerangaben mit ins Wasser nehmen darf, kann sie z. B. in der Badehose oder im Badeanzug (Vorsicht, unbedingt zuverlässig befestigen!) oder an einem Sportgurt tragen. Ist die Insulinpumpe nicht wasserdicht, kann sie in einer speziellen wasserdichten Hülle mitgeführt werden, die einen Durchlass für den Insulinkatheter hat (z. B. von Aquapac).

Sauna, Solarium und Dampfbad

Die Insulinpumpe würde den Saunatemperaturen problemlos standhalten, nicht jedoch das Insulin. Über 40°C denaturiert das wärmeempfindliche Hormon und verliert an Wirksamkeit. In Sauna, Solarium und Dampfbad müssen Insulinpumpe und Insulinkatheter daher abgenommen werden. Es genügt nicht, den Katheter abzukoppeln, da nicht sicher wäre, ob und wie stark das Insulin im verbleibenden Katheterstück (an der Kanüle) nach dem Saunagang noch den Blutzucker senkt. Aus diesem Grund muss anschließend ein komplett neuer Katheter gelegt werden.

Insulinpumpen und Reisen

Bei Autofahrten sollten sie vor dem Start prüfen, dass das Set nicht dort anliegt, wo der Gurt langläuft. Legen Sie sich schnelle BE griffbereit. Vor jeder Fahrt ist der Blutzuckerwert zu prüfen und alle 2 Stunden zu kontrollieren. Sobald ein erstes Anzeichen auf eine kommende Hypoglykämie hindeutet, sollte die Fahrt sofort unterbrochen werden.

Bei Reisen mit Zeitverschiebung kann die Basalrate pro Tag um ca 2h angepasst werden. Die Genaue Anpassung sollten Sie mit Ihrem Arzt besprechen. Außerdem muss unbedingt der Blutzuckerwert häufiger kontrolliert werden.

Das Reisegepäck*: Zur Sicherheit sollte die doppelte Menge des kalkulierten Bedarfs eingepackt werden.

Mann an Flughafen mit Koffer

Der „Ersatzteilkoffer“ für den Alltag sollte für den Urlaub noch ergänzt werden durch:

  • Komplettes Zubehör für die Pen-/Spritzentherapie, falls ein Totalausfall der Insulinpumpe den Urlaub gefährdet
  • Individuelles Therapieschema für den Umstieg auf die Pen-/Spritzentherapie (vom Diabetes-Team)
  • Insulinpumpenträger-Ausweis in der Sprache des Reiselandes
  • Telefonnummer des eigenen Diabetes-Teams und des nächstgelegenen Pumpenzentrums/Arztes im Ausland
  • Übliche Reiseapotheke, insbesondere Medikamente gegen Magen-Darm-Infekte und Elektrolyte 
  • evtl. eine Ersatzpumpe mit programmierter Basalrate (für Auslandsreisen in der Regel kostenlos).

Besonders vor längeren Urlaubsreisen in „exotischere Länder“ ist es empfehlenswert, den kompletten Diabetesbedarf mindestens eine Woche vor Reisebeginn zu packen. So bleibt immer noch ausreichend Zeit, Messstreifen, Katheter oder andere, wichtige Diabetesutensilien nachzubestellen, wenn diese nicht mehr in ausreichender Menge vorhanden sind.

Beim Transport sollte der Insulinpumpenträger beachten, dass – neben Insulin und Teststreifen – auch die Batterien vor der Kälte im Gepäckraum eines Flugzeugs oder vor der Hitze im Handschuhfach des Autos geschützt werden müssen. Die Kanülen der Insulinkatheter sind fragil, deshalb sollte beim Packen und Transport das Quetschen der Verpackungen vermieden werden.

Wie oft sollte ich das Verbrauchsmaterial wechseln?

Die Lebensdauer des Verbrauchsmaterials hängt u. a. von der Häufigkeit der Bedienung und vom täglichen Insulinbedarf ab. Nutzung von Bluetooth, Vibration und Licht erhöhen den Stromverbrauch.

Umgang mit den Insulinpumpenreservoiren

mylife YpsoPump Reservoir

Entsprechend den unterschiedlichen Insulinpumpenmodellen gibt es herstellerspezifische Insulinreservoire, die durch den Benutzer selbst zu befüllen sind.

Darüber hinaus besteht die Möglichkeit der Nutzung von Fertigampullen für  z.B. für die Accu-Chek® Spirit Combo („Insuman Infusat“), die Accu-Chek® Insight („NovoRapid“) und YpsoPump („NovoRapid“).

Die Nutzung benutzerbefüllter Reservoire ermöglicht, dass genau das Insulin verwendet werden kann, welches zur Erreichung des individuellen Behandlungsziels beiträgt. Andererseits erleichtert die Verwendung von Fertigampullen das Handling.

MiniMed Paradigm® Veo™ 554: 1,8 ml

MiniMed Paradigm® Veo™ 754: 3 ml

MiniMed 640G: 1,8/3 ml

Animas Vibe: 2 ml

Accu-Chek® Spirit Combo: 3,15 ml

Accu-Chek Insight: 1,6ml (Fertigampulle)

Dana Diabecare R: 3 ml

OmniPod: 2ml

YpsoPump: 1,6 ml

Die ordnungsgemäße Verwendung stellt sicher, dass das Insulinpumpensystem insgesamt einwandfrei funktioniert – eine Voraussetzung, damit Sie Ihren Diabetesalltag leichter und flexibler gestalten können! Die folgenden Hinweise ersetzen nicht die Gebrauchsanleitungen der jeweiligen Hersteller, sondern sind ergänzende Informationen dazu.

Reservoire sind sterile Einmalprodukte und sollten daher nicht mehrfach verwendet (wieder aufgefüllt) werden. Die richtige Temperatur: Insulin und Reservoire sollten vor dem Befüllen Körpertemperatur haben, um das Bilden von Luftblasen zu vermeiden. Zur Vermeidung von Unterdruck in der Stechampulle: Vor dem Aufziehen des Insulins die aufrecht stehende Insulinampulle mit derselben Menge Luft befüllen. Das Reservoir wird dann quasi von selbst befüllt, sobald sie das Insulinfläschchen mit dem Reservoir umdrehen. Luftbläschen entfernen: Reservoir mit dem Kolben nach unten halten und Luftbläschen durch leichtes Klopfen an das Reservoir nach oben befördern und durch vorsichtiges „Abspritzen“ entfernen. Füllmenge beachten: Befüllen Sie das Reservoir höchstens mit der maximal vorgeschriebenen Insulinmenge (bei 3 ml-Reservoiren maximal 3 ml Insulin). Beim Überfüllen besteht die Gefahr, dass der Kolben heraus gezogen wird.

Die Reservoirvolumen sind pumpenspezifisch unterschiedlich:

Hautreinigung, Desinfektion und Hautschutz

Vor der Blutzuckerselbstkontrolle oder der Insulininjektion mit einem Pen ist es nicht erforderlich, die Haut an der Einstichstelle zu desinfizieren. Waschen und Trocknen der Haut genügt hier voll und ganz.

Unerlässlich aber ist die Hautdesinfektion dagegen bei Insulinpumpenträgern vor dem Anlegen des Infusionssets, um Infektionen vorzubeugen. Zu diesem Zweck werden entsprechende Desinfektionssprays oder -tupfer angeboten.

Schutz empfindlicher und gefährdeter Haut

Bei empfindlicher oder gefährdeter Haut können Pflaster und Klebefolien Unverträglichkeitsreaktionen und Entzündungen hervorrufen. Anhaltender Juckreiz, Rötung oder Blasenbildung an der Klebestelle sind Zeichen einer entzündlichen Reaktion der Haut (Kontaktdermatitis). Durch Verwendung spezieller Hautschutzmittel (Pflasterlöser und Allergieblocker) kann hier vorgebeugt werden.

Insbesondere im Sommer können Probleme auftreten: Einerseits kann sich die Kleberondelle am Katheter bei starkem Schwitzen lösen. Andererseits können die unter wasser- und luftdichten Pflastern bzw. Folien befindlichen Schweißtropfen zu Juckreiz, Bläschenbildung oder Entzündung führen. Daher ist gerade in dieser Zeit besondere Vorsicht und regelmäßiges Überprüfen der Klebestellen zu empfehlen.

Im Allgemeinen aber kleben die heute verwendeten Katheter-Pflaster zuverlässig. Viele Pumpenträger bemängeln sogar, dass beim Entfernen oft Pflasterreste an der Haut zurückbleiben, die sich schlecht und oft nur schmerzhaft ablösen lassen. Hier helfen entsprechende „Pflasterlöser“.

Bitte beachten Sie:

Die Kosten für Pflasterlöser und Allergieblocker werden nur dann von der Krankenkasse übernommen, wenn eine Pflasterallergie vorliegt. Diese sollte bei der Verordnung auf dem Rezept auch ausdrücklich vermerkt sein.

*  (aus: Ulrike Thurm und Bernhard Gehr: CGM- und Insulinpumpenfibel)

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