Diabetische Polyneuropathie - Wenn die Füße schmerzen

Leider entstehen bei vielen Menschen, die an Diabetes erkrankt sind, im Laufe der Jahre eine Reihe von Folgeerkrankungen. Die Häufigste ist die Schädigung der peripheren Nerven, was die Betroffenen zunächst als Missempfindungen an den Füßen bemerken. Es ist keine Erkrankung, die von heute auf morgen auftritt, die Entwicklung benötigt Zeit, aber nach ca. 25 Jahren Diabeteserkrankung sind etwa die Hälfte der Patienten davon betroffen.

Typische Symptome und Gefahren diabetischer Neuropathie

Unterschiedliche Füße im KreisUnterschiedliche Füße im Kreis

Anfänglich bemerkt der Patient ein Hautkribbeln, ähnlich dem Gefühl, als würden Ameisen über die Füße laufen. Auch von einem teils brennenden und pelzigen Gefühl berichten Patienten. Es treten im Verlauf Taubheitsgefühle und Sensibilitätsstörungen gegenüber Druck und Temperatur auf. Typisch für die Beschwerden sind, dass sie sich meist socken- oder strumpfförmig und an beide Füßen manifestieren und der Patient vor allem nachts, wenn er zur Ruhe kommt, die Beschwerden wahrnimmt.

Die Gefahr, die sich aus einer Sensibilitätsstörung heraus entwickelt, ist die Entstehung eines diabetischen Fußsyndroms. Durch die reduzierte Schmerzwahrnehmung kann eine kleine Wunde oder Verletzung nicht zeitnah bemerkt werden und es kann sich daraus, vor allem in Kombination mit einer eingeschränkten Durchblutung, eine Fußwunde entwickeln, die nur sehr schwer heilt.

Weitere Ursachen sind auszuschließen

Es gibt eine Reihe von Ursachen, die bei der Diagnosestellung ausgeschlossen werden sollten. Dazu zählen neben einem Vitamin B12-Mangel, einer Nieren- oder Leberfunktionsstörung auch ein Alkoholmissbrauch. Und auch eine stattgefundene Chemotherapie schädigt nachweislich die peripheren Nerven.

Regelmäßige ärztliche Fußuntersuchungen

Im Rahmen des vierteljährlichen Besuches bei ihrem behandelnden Arzt sollte regelmäßig eine Fußuntersuchung fester Bestandteil der Kontrolle sein. Dabei wird das Vibrations-, Schmerz- und Temperaturempfinden sowie die Tiefensensibilität überprüft. Ergeben sich hier Auffälligkeiten, können weiterführende Untersuchungen, wie die Überprüfung der Muskeleigenreflexe und die Messung der Nervenleitgeschwindigkeit beim Neurologen, die Diagnose bestätigen.

Patient bei der FußkontrollePatient bei der Fußkontrolle

Behandlung diabetischer Polyneuropathie

Neben einer medikamentösen Schmerztherapie und anderen alternativen Therapieoptionen, die im weiteren Verlauf des Textes angesprochen werden, gilt als wichtigste therapeutische Maßnahme die individuelle, aber optimale Einstellung des Blutzuckerspiegels. Die Normalisierung des Blutdruckes und die Senkung erhöhter Blutfettwerte sind ebenfalls anzustreben. Zusätzlich sollte der Patient auf einen gesunden Lebensstil achten und zusätzliche Gifte wie Nikotin und übermäßigen Alkoholkonsum meiden.

wichtige therapeutische Maßnahmen:

  • optimale Einstellung des Blutzuckerspiegels
  • Normalisierung des Blutdruckes
  • Senkung erhöhter Blutfettwerte
  • gesunde Lebensweise
  • Versicht auf Nikotin und Alkohol

Eigenverantwortung eines jeden Patienten

Auch wenn es in diesem Sinne keine Behandlungsmaßnahme darstellt, soll an dieser Stelle auch auf die Eigenverantwortung eines jeden Patienten verwiesen werden. Regelmäßig, möglichst täglich, sollte eine visuelle Kontrolle der Füße erfolgen. Viele Patienten neigen dazu, ihren Füßen zu wenig Aufmerksamkeit zu widmen. Bereits kleinste Verletzungen und Auffälligkeiten können sich bei Missachtung und Ignoranz schnell zu Wunden entwickeln, die kaum Heilungstendenz aufweisen.

Ein regelmäßiger Besuch bei einem qualifizierten Fußpfleger oder einer Podologin, das tägliche Eincremen mit speziell entwickelten Pflegeprodukten, das Tragen von optimal passenden Schuhen … all das soll dazu dienen, dass sich auf der Basis einer bestehenden diabetischen Polyneuropathie kein diabetisches Fußsyndrom entwickelt.

Medikamentöse Therapie

Schale mit MedikamentenSchale mit Medikamenten

Das unangenehmste Problem für viele Patienten mit einer diabetischen Polyneuropathie sind oft die auftretenden Schmerzen. Die Intensität variiert sehr von Patient zu Patient, kann aber ein Ausmaß erreichen, das massiv die Lebensqualität einschränkt. Zwar können Medikamente die Schmerzen im besten Fall deutlich lindern, jedoch ist und bleibt diese aber eine reine Symptombehandlung, eine „Heilung“ ist nicht möglich. Da alle Medikamente auch Nebenwirkungen aufweisen können, sollte genau abgewogen werden, inwieweit eine medikamentöse Therapie sinnvoll und notwendig ist.

Freiverkäufliche Schmerzmittel erweisen sich als wirkungslos

Es gibt eine ganze Reihe unterschiedlichster Schmerzmittel. Laut der Empfehlung der nationalen Versorgungsleitlinie Neuropathie bei Diabetes im Erwachsenenalter sollten alle freiverkäuflichen Schmerzmittel wie Ibuprofen, Paracetamol, Diclofenac und ASS nicht bei dieser Art Schmerzen eingesetzt werden. Der Grund ist einfach zu erklären: Sie haben so gut wie keine effektive Wirkung, dafür aber bei hoher Dosierung und dauerhafter Einnahme oft schwerwiegende Nebenwirkungen.

Antikonvulsiva

Eine häufig gute Wirksam- und Verträglichkeit bei der Behandlung von Nervenschmerzen bieten Medikamente mit den Wirkstoffen Pregabalin und Oxcarbazepin, zwei Wirkstoffe aus der Gruppe der Antikonvulsiva.

Antidepressiva

Ein weiteren Wirkstoff, der eigentlich primär zur Behandlung von Depressionen eingesetzt wird, ist Duloxetin (Serotonin-Noradrenalin Wiederaufnahmehemmer). Durch dieses Medikament werden schmerzhemmende Nervenbahnen aktiviert und eine übersensible Schmerzschwelle normalisiert. Auch die sogenannte Trizyklische Antidepressiva (Wirkstoff : Amitriptylin) sind wirksam, allerdings haben sie ein recht umfangreiches Nebenwirkungspotenzial.

Opioide

Obwohl Opioide die Medikamente mit der stärksten Schmerzlinderung sind, sollten sie nicht als Erst- oder Zweitlinientherapie eingesetzt werden. In Studien haben sie für diese Art Schmerzen kaum einen lindernden Effekt gezeigt. Zudem verfügen sie über ein höheres Risiko für die Entwicklung von Abhängigkeit. Atypische Opioide wie Tramadol haben dagegen einen mäßigen Effekt bei der Schmerzlinderung gezeigt. Im Einzelfall ist die Einnahme von Tramadol einen Versuch wert.

Egal für welche medikamentöse Therapie sich entschieden wird, alle Substanzen sollten anfänglich gering dosiert und im weiteren Verlauf bei ungenügender Schmerzlinderung bis zur maximal empfohlenen Höchstdosis verordnet werden. Der Patient benötigt ein wenig Geduld und nur die regelmäßige und vorschriftsmäßige Einnahme kann einen Erfolg bringen.

Alternative Behandlungsmöglichkeiten 

Es ist schwierig, hier eine entsprechende Empfehlung zu sinnvollen Therapieoptionen auszusprechen. Es gibt eine sehr große Auswahl, aber die Studiendaten zur Wirksamkeit fehlen. Allerdings zeigt die Erfahrung, dass einiges dem „Einen“ sehr gut hilft und einem „Anderen“ nichts bringt. Es sollte jeder im Einzelfall entscheiden, was für ihn hilfreich erscheint und es ausprobieren. Schon allein, wenn sich die Lebensqualität des Patienten bessert, ist schon sehr viel gewonnen.

Da vieles privat bezahlt werden muss, ist es oft auch eine finanzielle Entscheidung. Naturheilverfahren, im weitesten Sinne so genannt, können immer zur Unterstützung einer schulmedizinischen Therapie angewandt werden.

Physikalische Therapien

Zur Verbesserung der Durchblutung und bei eingeschränkter Mobilität gibt es neben der klassischen Physiotherapie, Kälte- und Wärmetherapien sowie Wechsel- und Bewegungsbäder. Einiges ist sicherlich nach anfänglicher fachlicher Anleitung auch im häuslichen Umfeld anwendbar. Doch Vorsicht: bei der Wärmetherapie bitte immer mit der Hand die tatsächliche Temperatur prüfen! Ihre Füße können ihnen bei eingeschränkter Temperaturempfindlichkeit ein falsches Bild liefern.

Elektrotherapie

Schmerzen mit Strom entgegenzuwirken, kennen viele gewiss vom Orthopäden. Oft kommen hierbei die sogenannten TENS-Geräte zum Einsatz. Auch bei dieser „transkutanen elektrischen Nervenstimulation“ werden Schmerzen mit Strom therapiert. Ab einer Frequenz von über 80 Hertz wird eine Signalerweiterung ins Gehirn gehemmt und damit eine Schmerzwahrnehmung reduziert. Der Stoffwechsel in den Zellen kann bei der Hochtontherapie mit elektrischen Wechselfeldern im Frequenzbereich von 4 bis 30 Kilohertz stimuliert werden und somit eine Schmerzreduktion erreicht werden.

Traditionelle chinesische Medizin (TCM)

Es gibt eine Vielzahl therapeutischer Verfahren bei der TCM wie Akupunktur, Chinesische Arzneimitteltherapie, Moxibustion (Überwärmung von Akupunkturpunkten), Diätetik und spezielle Massagetechniken. Wenn Sie sich für diesen Weg interessieren nehmen sie am besten Kontakt zum SMS – der Internationalen Gesellschaft für Chinesische Medizin e.V. auf.

Hyperbare Sauerstofftherapie

Die Therapie kann bei Patienten angewandt werden, die an einer chronischen Fußwunde (diabetisches Fußsyndrom) leiden und bei der alle gängigen Behandlungsoptionen ausgeschöpft sind. Erreicht werden soll eine bessere Durchblutung des Gewebes was dem Wundverschluss dienen soll. Der Patient atmet in einer Art Druckkammer 100% reinen Sauerstoff in einem genau defi niertem Zeitraum ein. Ob damit auch eine allgemeine Schmerzlinderung erreicht werden kann, ist allerdings nicht belegt.

Unterstützende Psychotherapie

Dies stellt im klassischen Sinn keine Therapieoption dar, sondern kann als unterstützende Maßnahme für Patienten dienen, die einen großen Leidensdruck verspüren. Die Psyche wird oft leider zu wenig beachtet, dabei spielt diese eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung von Schmerzen mit einhergehender eingeschränkter Lebensqualität.

Liebe betroffene Patienten, wie Sie sehen gibt es eine Vielzahl an therapeutischen Optionen bei Diabetischer Polyneuropathie und keiner sollte sich einfach mit ernsthaften Beschwerden abfinden müssen. Und auch wenn einmal zerstörtes Nervengewebe nicht wieder repariert werden kann, so ist doch in einem hohen Prozentsatz zumindest eine Linderung vorhandener Schmerzen möglich.

Es gibt einen schönen und wahren Satz von Fritz König: „Wer heilt, hat Recht.“ In unserem Fall wandeln wir ihn ein klein wenig ab – wer lindert hat ebenfalls Recht! Und schon allein das ist in vielen Fällen schon ein großer Erfolg.

In diesem Sinne: Bitte bleiben sie gesund und munter und allen Betroffenen wünsche ich größtmöglichen Erfolg bei der Therapie, für die sie sich entscheiden.

Füße am StrandFüße am Strand

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