Glukose-Sensoren und Insulinpumpe - Was tun bei Juckreiz und Hautrötungen?
Neuen Technologien wie CGM-Systeme oder Patch-Pumpe erleichtern Menschen mit Diabetes den Alltag sehr. Jedoch klagen zunehmend Patientinnen und Patienten über unangenehme Hautreaktionen unter den Sensoren- und Pumpenpflastern. Manche leiden sogar so sehr darunter, dass sie ihr System eigentlich nicht mehr nehmen können und versuchen sich dann mit verschiedenen Konstruktionen unter den Klebestellen zu behelfen.
Was gibt es für Hautreaktionen?
Meist sind es Hautirritationen, unter denen Patienten leiden. Sie sind sehr häufig, vermutlich sind über 3/4 aller Patienten mehr oder weniger stark von Irritationen betroffen. Sie treten nicht immer auf, insbesondere können sie mal stärker, mal schwächer ausgeprägt sein. Typischerweise zeigt sich unter den Klebestellen gerötete, meist schuppige Haut. Auch Juckreiz tritt in unterschiedlicher Stärke auf. Es kann auch zu einer Irritation der obersten Hautschicht kommen durch das Abreißen eines Pflasters.
Seltener gibt es auch Kontaktallergien auf einen oder mehrere Inhaltsstoffe der Pflaster oder anderer Verklebungen an der Unterseite des Plastikgehäuses von Sensoren/Patch-Pumpe. Die Kontaktallergie tritt meistens erst nach ein paar Monaten auf, da sich der Körper erst gegen den Stoff sensibilisieren muss. Hat man die Allergie einmal, bleibt sie leider ein Leben lang erhalten. Die Symptome sind fast immer deutlich stärker ausgeprägt als bei einer Irritation. Ist man einmal sensibilisiert, treten die Symptome typischerweise regelmäßig 1-2 Tage nach Ankleben auf und werden täglich schlimmer. Bis der Juckreiz so unerträglich wird, dass der Sensor oder das Pumpenpflaster abgenommen werden muss. Darunter kann die gerötete Haut häufig sogar nässen und zeigt manchmal auch gelbliche Bläschen.
Hautreaktion | Hautirritation | Hautallergie |
Häufigkeit | Sehr häufig (>80%) | Selten (<5%) |
Symptome | Sehr leichte bis stärkere Rötungen, manchmal auc Schuppung oder Juckreiz | Rötungen, Schuppung, Juckreiz, manchmal auch Bläschen, Pusteln oder gelbliche nässende Belege |
Therapie |
Ohne Therapie, Abheilung nach wenigen Tagen, evtl. Pflegecreme auftragen Vorbeugend ggf. Hautschutzspray oder Unterschutzpflaser verwenden |
Ohne Abheilung ggf. für 2-3 Wochen kortisonhaltige Creme auftragen Vorbeugend Unterschutzpflaster verwenden und Allergene vermeiden |
Unterschiede | Symptome treten zeitweilig und unterschiedlich stark auf |
Symptome bei jedem Tragen nach 24-48 Stunden, verstärken sich mit der Tragedauer Mit Allergietest ggf. nachweis möglich |
Ursache |
Lange Abdeckung Schwitzen Pflaster abreißen |
Längerer Kontakt mit allergieauslösenden Stoff im Pflaster oder des Gehäusematerials |
Lange Klebezeiten begünstigen die Hautreaktionen
Während Infusionssets von herkömmlichen Insulinpumpen und schlauchlose Patchpumpen bis zu 3 Tage an einer Stelle, meist am Bauch, getragen werden, kleben Sensoren von kontinuierlichen Glukosemesssystemen zwischen 6 bis 14 Tagen an einer Hautstelle. Je länger die Hautstelle abgedeckt ist und keine Luft bekommt, oder gar feucht wird durch Schwitzen
oder Duschen, desto eher kommt es zu Hautirritationen. Patienten mit trockener, rissiger Haut bekommen eher Irritationen durch Pflaster, als Menschen mit intakter Hautbarriere. Des Weiteren können mögliche Allergene besser in vorgeschädigte Haut eindringen, insbesondere wenn sie auch noch lange Kontakt haben. Diese Stoffe aus den Sensoren/Pumpe selber oder Pflastern, die häufig Allergien auslösen, sind inzwischen zum Teil bekannt. Meist handelt es sich hierbei um so genannte Acrylate. Bei einem Glukosesensor waren die schweren Kontaktallergien insbesondere auf das Isobornylacrylat (IBOA) zurückzuführen.
Wie kann man eine Kontaktallergie nachweisen?
Eine Kontaktallergie kann grundsätzlich durch einen Allergietest beim Hautarzt nachgewiesen werden. Hierbei werden verdächtige Stoffe für 2 Tage auf den Rücken geklebt, die Ablesung erfolgt am 2. und 3. Tag. Zur Testung empfiehlt es sich aber, sich an die Allergieabteilung einer Uniklinik zu wenden und vorab zu klären, ob Substanzen wie Acrylate, insbesondere IBOA, vorhanden sind.
Wie kann man diese Hautreaktionen vermeiden oder behandeln?
Insgesamt ist es wichtig die Hautbarriere zu stärken, egal ob am Bauch oder den Oberarmen, denn eine intakte Hautbarriere toleriert eine längere Abdeckung durch Pflaster besser. Daher sollte nach jedem Abnehmen eines Sensors oder Pumpenpflasters die Haut rasch eingecremt werden. Hier helfen z.B. Wund- und Heilsalben oder Pflegecremes (mit Urea/Panthenol) die auch für Neurodermitiker geeignet sind. Natürlich müssen die Klebestellen immer gewechselt werden, Feuchtigkeit sollte vermieden werden.
Nach Abnahme kann bei stärkerer Irritation oder auch Verdacht auf eine Allergie eine kortisonhaltige Creme 2 x täglich für mehrere Tage verordnet werden. Patienten, die sehr empfindlich auf das Abreißen eines Pflasters sind, sollten Pflasterlöser anwenden. Regelmäßig werden Hautschutzsprays oder Tücher empfohlen/angewandt, wie z.B. Cavilon® Spray. Jedoch können diese selber auch irritativ wirken. Außerdem kann eine echte Allergie dadurch nicht abgehalten werden. Zunehmend wird über gute Erfahrung berichtet, vor Anbringen des Sensors, ein kortisonhaltiges Nasenspray aufzusprühen (z. B. Nasonex® (Mometason 50) oder Flixonase® (Fluticason 50).
Unterschutzpflaster zwischen Sensor und Haut bei Kontaktallergien
Besteht eine echte Kontaktallergie oder sehr starke Irritationen, helfen die obigen Maßnahmen leider häufig nicht mehr. Glücklicherweise werden andere kontinuierliche Glukosemesssysteme meist gut vertragen. Einige Patienten behelfen sich aber auch über einen langen Zeitraum mit verschiedenen Konstruktionen zwischen Sensor und Haut. Diese Konstruktion sollte verschiedene Anforderungen erfüllen: Es darf nicht durchlässig sein und möglichst acrylatfrei. Bewährt haben sich bei einigen Patienten Schutzpflaster auf Hydrokolloidbasis und/oder Silikonbasis, z. B. Hansaplast® Blasenpflaster, BSN Cutimed® Hydro B oder Stomapflaster, die jedoch relativ dick sind.
Je nach Größe des Sensors oder der Pumpe ist es notwendig die Pflaster überlappend einzusetzen wie z. B. beim Hansaplast® Blasenpflaster. Mittels eines Gürtellochers wird ein Loch gestanzt, durch das der Messfühler der Sensoren „durchgeschossen“ wird. Hierbei handelt es sich natürlich um Notlösungen. Dennoch können leichtere Reaktionen, insbesondere an der Sensor-/Kanüleneinstichstelle bei manchen Patienten auftreten. Außerdem halten die Konstruktionen mit dem Schutzpflaster nicht immer fest genug. Inzwischen scheinen aber einige Firmen die Problematik ernster zu nehmen und bemühen sich zunehmend Allergene herauszunehmen und auf hautfreundlichere Pflaster zu setzen. Eine bessere Transparenz zu den Inhaltsstoffen wäre jedoch noch wünschenswert.
Liebe Leser, Ich hoffe, ich konnte Ihnen ein paar Tipps geben über die Ursachen und wie Sie die neuen Technologien besser vertragen. Übrigens, auch wenn es oft lästig ist, möchte ich alle dennoch ermutigen, die Hautreaktionen bei der Hotline der Firmen zu melden! Denn wenn sich zunehmend Patienten melden, kann inzwischen doch viel mehr bewegt werden als noch kürzlich.