Ernährungstrends und worauf man (als Diabetiker) achten sollte

Was (wer) is(s)t was und worauf man bei Ernährungstrends achten sollte

Eigentlich ist der Mensch ja ein „omnivorer Ernährungstyp“ (Allesesser). Im Zeitalter der Globalisierung sind viele Lebensmittel beinahe ständig verfügbar, immer mehr Verbraucher setzen sich kritisch mit dem Nahrungsmittelangebot auseinander. So wird auch der Bereich Ernährung zunehmend individuell und soll dem eigenen Lebensstil und Weltansichten entsprechen. Aber welche Gründe auch immer uns bewegen, den Speisenplan zu verändern, es gibt zunehmend Menschen, die ihre Ernährung bewusst einschränken. Warum entscheidet sich beispielsweise jemand dafür, bestimmte Lebensmittel einfach wegzulassen? Hat es gesundheitliche Vorteile oder eventuell negative Konsequenzen, unsere abwechslungsreiche, vollwertige Lebensmittelauswahl - zum Teil sogar sehr massiv - einzuschränken?

Alternatives Essen - Gesunde ErnährungAlternatives Essen - Gesunde Ernährung

Was zeichnet eine alternative Ernährungform aus?

Generell sollte man erst einmal modische Ernährungsformen von alternativen Ernährungsformen unterscheiden. Einige alternative Ernährungsformen, wie die ayurvedische Ernährung, existieren bereits seit Jahrtausenden, andere sind erst im letzten Jahrhundert entwickelt worden. Entscheidend ist, dass alternative Kostformen auf einem ganzheitlichen (Lebens-)Konzept beruhen, aus dem sich Empfehlungen zur Lebensmittelauswahl ableiten. „Steinzeit-Diät“ oder „Low-Carb“ sind eher Modeerscheinungen. Egal für welche Ernährungsform man sich entscheidet, sie sollte praktikabel und gesundheitsfördernd sein und wenn möglich, lange beibehalten werden.

Der Unterschied zur Diät

Die Wahl einer Ernährungsform ist nicht mit einer Diät zu verwechseln. „Diäten“ werden in der Regel im Rahmen einer Gewichtsreduktion (Brigitte, WeightWatchers, Blutgruppendiät) angewandt, haben therapeutischen Charakter (gluten- oder lactosefrei …) oder sind zeitlich begrenzte Kuren (Mayr, Schroth). Eigentlich bedeutet das altgriechische Wort „DIÄT“ soviel wie gesunde Lebensweise/Lebensführung, also eine ganzheitliche Herangehensweise an den Lebensstil. Was wir heute mit dem Wort Diät bezeichnen hat damit oft nichts zu tun.

Low Carb

Die Wenigsten wissen, dass das Prinzip der kohlenhydratarmen Kost bereits im 19. Jahrhundert von dem Engländer William Banting als „fleischbetonte Kost“, später als Banting-Kur bekannt wurde. Ein gewisser Kult setzte in den 70er Jahren durch den amerikanischen Arzt Robert Atkins ein und heute gibt es viele Varianten dieser Art der Ernährung (z. B. Logi-Methode). Der aus dem Englischen stammende Begriff Low Carb bedeutet, die täglich verzehrten Kohlenhydrate (carbohydrates) einzuschränken.

Low Carb ErnährungLow Carb Ernährung

Auf das Verhältnis und die Bewegung kommt es an

Die Hauptmahlzeiten bestehen aus Fisch, Fleisch, Milchprodukten und Gemüse, womit sich die tägliche Energiezufuhr auf Eiweiße und Fette beschränkt. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt, 50 % der Energiezufuhr am Tag über Kohlenhydrate aufzunehmen. Voraussetzung ist aber ein aktiver und bewegungsreicher Lebensstil. Bleibt der dafür benötigte Energieverbrauch aus, ist eine Gewichtszunahme vorprogrammiert, denn unser Körper wandelt die zu viel aufgenommene Glukose (aus den Kohlenhydraten) in Fett um, wenn unsere Kohlenhydratspeicher bereits voll sind. Gefüllt werden unsere Glukosespeicher von unserem Körper, indem er aus Eiweißen und Fett Kohlenhydrate bildet. Dies geschieht zwar unter einigem Energieaufwand, dennoch ist die Versorgung dadurch bereits gesichert.

Warum kann man durch Low Carb Gewicht verlieren?

Der Hauptort der Glukoseproduktion ist die Leber, sie allein kann schon täglich bis zu 200 g Glukose bilden. Nimmt man dem Körper nun diese Energiequelle, ist er gezwungen, sich generell auf andere Energieträger zu konzentrieren. Er wird förmlich genötigt, Fett abzubauen, was den Erfolg dieser „Diät“ ausmacht.

Low Carb Ernährung und Blutzerwerter

Nachgewiesen wurde in Studien ein schneller Gewichtsverlust, der Abbau des „gefährlichen“ Bauchfettes, weniger Heißhungerattacken, schnelleres Sättigungsgefühl durch den höheren Eiweißanteil in der Kost und niedrigere Blutzuckerwerte. Ein weiterer günstiger Effekt liegt in der verringerten Insulinausschüttung, ist es doch das einzige Hormon des menschlichen Körpers, das einen Körperfettabbau verhindert und dafür sorgt, dass die Fettspeicher voll bleiben. Wer eine genaue Angabe zur Kohlenhydrataufnahme sucht, wird leider enttäuscht. Eine festgelegte Menge an Kohlenhydraten ist nicht zu fi nden. Die Angaben schwanken von täglich zwischen 30 - 50 g KH bei der ketogenen Diät, bis zu 70 - 110 g bei Atkins.

Für diese Kostformen ist unbedingt der Rat des Hausarztes oder Diabetologen einzuholen, denn durch das Reduzieren oder gar gänzliche Weglassen der Kohlenhydrate in der Ernährung müssen die diabetesbedingten Medikamente angepasst und/oder ausgesetzt werden, vor allem wenn es sich um Insulin oder insulinstimulierende orale Antidiabetika handelt.

Paleo - Gruß aus der Steinzeit

Basierend auf der Theorie, dass unser Körper nur Lebensmittel problemlos verdauen und bestens verwerten kann, die unsere Vorfahren im Paläolithikum angeblich schon zu sich genommen haben, werden hier hauptsächlich natürliche, unbehandelte Lebensmittel wie gesundes Fleisch, Fisch, Meeresfrüchte, frisches Obst, viel Gemüse, unbehandelte Samen und Nüsse, Pilze, Kräuter, Honig und Eier verwendet. Milchprodukte, Getreide, Hülsenfrüchte und raffinierter Zucker sind gestrichen. Auch die Verwendung stark verarbeiteter Nahrungsmittel, die mit vielen Zusatzstoff en belastet sind, wird vermieden. 

Kontrovers diskutiert werden bei dieser Ernährungsform allerdings die Fleischlastigkeit und die industrielle Massentierhaltung. Ganz harte Paleos entscheiden sich sogar dafür, auf alle Produkte tierischen Ursprungs zu verzichten. Entscheidet man sich für diese Art der Ernährung, zählt man zu den sogenannten Paleo-Veganern und wählt eine äußerst selektive, entbehrungsreiche Kost.

Paleo und Diabtes - was sollte ich beachten?

Die Obst- bzw. Trockenobstmenge ist dabei nicht eingeschränkt. Dies bedeutet, dass bei hohem Obstkonsum auch viel Fruchtzucker aufgenommen wird, was negative Auswirkungen auf den Blutzuckerspiegel hat. Entscheidend für Diabetiker ist die praktizierte Ernährunsform: wie viel bzw. welches Obst, ob und welche Getreidesorten und auch welche Fette werden gegessen? Grundsätzlich
gilt auch hier: vor Beginn sollte eine Abspache mit dem behandelnden Arzt stattfinden.

Nüsse bei Paleo ErnährungNüsse bei Paleo Ernährung

Fruganismus: Essen, was vom Baum fällt

Beeren und FruganismusBeeren und Fruganismus

Beim Fruganismus, auch Frutarismus genannt, wird vegan gegessen, also nur pflanzliche Lebensmittel verzehrt. Gegessen werden dabei die Früchte der Pflanze, die diese „freiwillig hergibt“. Knollen (Kartoffeln), Blätter und Wurzeln (Zwiebeln) dürfen nicht verzehrt werden. Der Speiseplan beinhaltet also nur die Sorten Getreide, Obst, Samen, Nüsse und bestimmtes Gemüse, deren Ernte die
Stammpfl anze nicht beschädigt, zum Beispiel Tomaten, Gurken, Zucchini, Aubergine, Kürbis und Paprika.

Mit der Natur im Einklang zu leben, ethische, ökologische, religiöse oder spirituelle Hintergründe sind Motive dafür. Die Gefahr dieser Ernährungsform besteht in der absoluten Unterversorgung mit Nährstoffen, besonders Eiweiß, Eisen, Omega-3-Fettsäuren, Jod und Kalzium werden nicht genügend aufgenommen.

Fast Food kennt jeder, und Slow Food?

Das hat nichts mit langsamen und schnellen Essen zu tun. Vielmehr richtet sich diese Philosophie an die Herstellung und Behandlung der Lebensmittel. Diese Ernährungsweise vertritt eine „saubere“, verantwortungsvolle Landwirtschaft und faire Behandlung aller Beteiligten des traditionellen Lebensmittelhandwerks. Sie ist deshalb oft „bio“, „regional“ und „nachhaltig“, ohne dogmatisch zu sein.

Clean Eating

Kräuter aus dem eigenem GartenKräuter aus dem eigenem Garten

Die wörtliche Übersetzung „sauberes Essen“ bezieht sich auf die Verwendung von ursprünglichen, nicht industriell verarbeiteten  Nahrungsmitteln. Wer auf Fertiggerichte, Tiefkühlkost, Tütensuppen und Dosenware verzichtet und um Süßwarenregale einen großen Bogen macht, nimmt deutlich weniger Zucker und Fett zu sich. Es geht darum, den Speiseplan mit frischen und natürlich belassenen
Lebensmitteln zu füllen, diese möglichst schonend zuzubereiten und dabei auf sämtliche Zusatzstoff e und Geschmacksverstärker zu verzichten. Gewürze und Kräuter sollten den natürlichen Geschmack der Nahrungsmittel unterstreichen.

Clean Eating = bewusster Einkaufen

Unumgänglich ist, dass wieder selbst gekocht und gebacken wird. Dies erfordert mehr Zeit und Aufwand, als einfach ein Fertiggericht in die Mikrowelle zu schieben. Doch geht es gerade darum, dem für uns so wichtigen Essen und Trinken wieder mehr Zeit und Aufmerksamkeit zu widmen. Zwangsläufig stellt man sich irgendwann die Frage der Herkunft der Nahrungsmittel „wo werden sie produziert und wer ist dafür verantwortlich?“, „ist das Ei auch wirklich von freilaufenden Hühnern und ist das Schwein, dessen Schnitzel ich gerade verzehre auch artgerecht aufgewachsen?“. Das hat nichts mit BIO zu tun, sondern mit verantwortungsbewusstem und überlegtem Einkauf und Konsum. In welchem Umfang man Clean Eating betreibt ist am Ende jedem selbst überlassen. Wenn man aber schon einen Teil der tagtäglich eingekauften Nahrungsmittel durch solche ersetzt, die unverarbeitet, frisch, saisonal und regional angeboten werden, ist der Anfang getan. 

Ayurveda - Ein indisches Konzept

Ayurveda ist eine traditionelle indische Heilkunst, bei der Erfahrungswerte und Philosophie kombiniert werden. Der aus dem Sanskrit stammende Begriff bedeutet so viel wie Lebensweisheit oder Lebenswissenschaft.

Der ganzheitliche Ansatz berücksichtigt dabei physische, psychische und auch spirituelle Aspekte. Die dazugehörende Ernährungslehre ist ein essentieller Bestandteil der Behandlung. Es gibt in dieser Ernährungslehre ganz allgemeine Empfehlungen, die für jeden „Patienten“ gelten:

hinduhindu
  • Nur essen, wenn man Hunger hat.
  • Keine Snacks & Zwischenmahlzeiten
  • Nie das Frühstück ausfallen lassen.
  • Die wichtigste Mahlzeit ist am Mittag zu sich zu nehmen, da die Verdauung dann am aktivsten ist.
  • Grundsätzlich wird im Sitzen am Tisch gegessen ohne Hektik, Stress und Ablenkung.
  • Es wird sich nie satt gegessen, sondern maximal zwei Hände voll.
  • Gegen Durst ist nur Wasser oder
  • Tee zu trinken, Softdrinks, Säfte oder andere gezuckerte Lifestyleprodukte sind tabu.

Darüber hinaus gibt es ganz spezielle Ernährungsempfehlungen, die sich an die drei verschiedenen Konstitutionstypen oder Lebensenergien, den sogenannten Doshas, richten. 

Immer im Gleichgewicht

Das Ernährungskonzept bedeutet grundsätzlich maßvolles, ausgewogenes und bewusstes Essen, förderlich für die Verdauung und den Stoff wechsel. Bewusstes Essen bedeutet auch, dass die Nahrungsqualität einen höheren Stellenwert als die reine Menge hat. Die notwendigen Nähr- und Vitalstoffe stehen dem Körper somit ausreichend zur Verfügung, denn nur wenn das Gleichgewicht zwischen all diesen Stoffen stimmt können Geist und Körper langfristig gesund bleiben.

Vegetarier, Veganer, Flexitatrier - Wer isst nun was?

Der grundsätzliche Verzicht auf Fleisch zeichnet den Vegetarier aus. Darüber hinaus gibt es drei grobe Gruppen von Vegetariern, die unterschiedliche tierische Produkte zu sich nehmen bzw. meiden. So sind bei der lacto-vegetabilen Ernährungsform Milch und Milchprodukte erlaubt, bei der ovo-lactovegetabilen Form zusätzlich Eier. Der Veganer wiederum verzichtet auf sämtliche Nahrung tierischen Ursprungs, auch auf Honig. Die vegane Lebensweise umfasst allerdings auch das Vermeiden von tierischen Produkten wie zum Beispiel Daunen, oder Kleidungsstücke aus Leder bzw. Wolle. Es ist also eine Frage der Lebenseinstellung inwieweit man bereit ist, Einschränkungen in der Ernährungs- und Lebensweise zuzulassen.

Sind Sie Flexitarier?

Viele von uns sind, ohne es zu wissen, Flexitarier oder auch Teilzeitvegetarier.
Ein bewusster Fleischverzicht an drei Tagen in der Woche, ob aus Gründen der Nachhaltigkeit, der Ablehnung von Massentierhaltung oder der eigenen Gesundheit zu liebe, es ist eine Möglichkeit den (zu) hohen Fleischkonsum zu reduzieren. 

smoothiesmoothie

Durch den generellen Verzicht auf alle, vom Tier stammenden, Lebensmittel, kann es (muss es aber nicht) zu einer Mangelversorgung vor allem von Vitamin B12, Jod, Eisen und Calcium kommen. Die Kostzusammenstellung sollte ein umfangreiches Ernährungswissen voraussetzen. Die Verwendung von Nahrungsergänzungsmitteln bzw. essentielle Fettsäuren, Mineralstoffe und Spurenelemente ist oft notwendig.

Fazit:
Wir vergessen oft, dass Ernährung eine ganz persönliche Entscheidung ist. Jeder von uns möchte sich gesund, ausgewogen und abwechslungsreich ernähren. Der eine um fit und gesund zu bleiben der andere um sich rundum wohl zu fühlen. Respektieren wir diese Entscheidungen! 

Autorinnen

Autorin Astrid HofmannClaudia Donath und Astrid Hofmann sind Diabetesberaterinnen DDG (Deutsche Diabetes Gesellschaft): Sie bringen umfangreiche Erfahrung rund um das Thema Diabetes mit und haben dabei große Freude dieses Wissen in Form von leicht verständlichen Texten und aktuellen Beiträgen für den Leser aufzubereiten. Darüber hinaus beraten und schulen sie mit viel Engagement Menschen aller Typen des Diabetes, dazu zählen insbesondere auch Kinder und Schwangere.

Teilen:

Suchmaschine unterstützt von ElasticSuite Copyright © 2021 Magento. All rights reserved.