Eine Mutter mit Schwangerschaftsdiabetes im Interview

Für viele werdenden Eltern, jedoch besonders für werdende Mütter, beginnt mit der Schwangerschaft eine sehr spannende und aufregende Zeit. Von nun an kreisen die Gedanken immer öfter um das neu entstehende Leben, begleitet von vielen Fragen, Unsicherheiten und manchmal auch Sorgen und Ängsten. Dazu kommt das Gefühlschaos aufgrund der hormonellen Achterbahnfahrt. Da ist es für viele Mamas in spe erst einmal ein Schock, mit der Diagnose Schwangerschaftsdiabetes konfrontiert zu werden.

Diagnose Schwangerschaftsdiabetes

Laut deutschem Gesundheitsbericht von 2019 erkranken fast 5 % aller Schwangeren daran. Der so genannte Gestationsdiabetes ist definiert als eine Glukosetoleranzstörung, die erstmals während einer Schwangerschaft auftritt. Er zählt zu den häufigsten Schwangerschaftskomplikationen. Unbehandelt birgt er große Risiken für Mutter und Kind. Deshalb gehört mittlerweile ein Blutzucker-Suchtest auf Gestationsdiabetes zum festen Bestandteil der Schwangerschaftsvorsorge und ist eine Regelleistung der gesetzlichen Krankenkassen.

Wird die Diagnose Gestationsdiabetes gestellt, spricht man von einer Risikoschwangerschaft und markiert es auch so im Mutterpass. Dies bedeutet aber nicht, dass das ungeborene Kind Schaden nehmen wird. Vielmehr wird der Schwangerschaftsverlauf fachärztlich engmaschiger und sorgfältiger begleitet, um alle Risiken zu minimieren. Und in den allermeisten Fällen freuen sich die Eltern nach 9 Monaten über ihr gesundes Baby.

Interview mit Sandra Z. 

Auch Sandra Z. kennt diese Situation. Obwohl die kleine Emma mittlerweile ein gesunder und aufgeweckter Wonneproppen ist, kann Sandra sich noch gut an die Zeit zwischen Vorfreude, Glücksgefühl, Angst und Sorge erinnern. Da Betroffene immer wieder berichten, wie hilfreich Kontakte zu anderen Frauen in einer ähnlichen Situation sind, hat sich Sandra bereit erklärt, in einem Interview von ihrer Zeit als werdende Mutti zu berichten.

Hast Du schon Kinder?

Ja, ich habe bereits einen 9-jährigen Sohn. Damals gab es keinerlei Komplikationen.

War die jetzige Schwangerschaft geplant?

Ja, und ich habe durch einen Schwangerschaftstest schon ganz früh davon erfahren.

Wie verliefen die ersten Monate während Deiner Schwangerschaft?

Die ersten Monate verliefen normal. Ich hatte zwar von Anfang an Zucker im Urin aber das hat die Entwicklung meines Babys nicht beeinflusst. Die Kleine hatte immer perfekte Werte und lag mit Größe und Gewicht im Normbereich.

Hattest Du zuvor schon mal von Gestationsdiabetes gehört?

Ja, ich dachte aber, dass es fürs Baby nicht so schlimm wäre. Allerdings hatte ich mich kurz vor meinem Test mit einem Kollegen unterhalten, der meinte, Schwangerschaftsdiabetes könne Fehlentwicklungen des Babys hervorrufen.

Wann hast Du vom Schwangerschaftsdiabetes erfahren?

Meine Ärztin war zum Testergebnis nicht da. Deshalb hat mich die Vertretung angerufen. Sie sagte, ich solle sofort alles weglassen, was Zucker enthält und unbedingt noch am selben Tag vorbei kommen, um mir eine Überweisung und Adressen für Diabetologen abzuholen.

Wie hast Du Dich in diesem Moment gefühlt?

Eigentlich habe ich mir keine großen Sorgen gemacht. Ich bin noch am selben Tag zu einem Diabetologen gegangen. Dort konnte ich keinen Termin bekommen, sondern nur eine Empfehlung für einen anderen Arzt. Allerdings bekam ich auch hier noch den Satz zu hören: „Aber holen Sie sich schnell einen Termin, es ist Eile geboten“. Dadurch wurde ich immer nervöser. Niemand hat mir richtig was erklärt. Keiner sagte mir, was die Diagnose bedeutet. Alle machten nur irgendwie Panik. Ich habe eine Freundin, die Diabetesassistentin ist. Ich dachte, sie könnte mir bestimmt etwas zu den Werten sagen, mir erklären, was das für mein kleines Mäuschen bedeutet und ob wirklich alles so schlimm ist. Doch nach unserem Gespräch habe ich mir nur noch mehr Sorgen gemacht. Nur der werdende Papa hat versucht, mich zu beruhigen.

Wie ging es nach der Diagnose weiter?

Ich ging nun am nächsten Tag zur Diabetologin, wo ich ein gelbes Heft bekam, in dem ich ab sofort jede Mahlzeit eintrug. Mit einem Blutzuckermessgerät habe ich meinen Blutzucker gemessen. Das erste in den Finger Stechen am nächsten Morgen, um den Nüchternwert zu erhalten, war eine große Herausforderung und kostete mich sehr viel Überwindung. Als es aber geschafft war, war es gar nicht so schlimm wie befürchtet. Jedes weitere Mal war dann kein Problem mehr. Ich habe versucht, Zucker zu vermeiden. Dies war gar nicht so einfach, da sich Zucker in vielen Lebensmitteln versteckt. Da muss man schon ganz genau lesen und hinschauen. Leider waren die gemessenen Werte nie so gut, wie sie sein sollten. Doch bereits drei Tage später war ich zur Auswertung mit der Ärztin bestellt.

Dieses Gespräch war das erste Positive, das ich mit jemandem geführt habe, der sich mit dem Thema auskennt. Natürlich habe ich geweint und alle meine aufgestauten Sorgen raus gelassen. Ihre Antwort: „Machen Sie sich nicht so viele Sorgen. Dazu sind Sie ja jetzt hier und gemeinsam bekommen wir das hin.“ Das tat richtig gut. Ausgestattet wurde ich mit jeder Menge Empfehlungen: zum Beispiel mit einer Liste ungesunder Lebensmittel und welche gesunden Alternativen es dafür gibt. Außerdem bekam ich eine Stunde spazieren gehen am Tag verordnet.

Auch für die Daten meiner Gynäkologin gab es Platz im „gelben Heft“. Diese zeigten Abweichungen von der Norm: Meine kleine Maus war etwas zu groß und zu schwer für ihr Alter. Das ist auch das häufigste Anzeichen bei einem Schwangerschaftsdiabetes. Das eigentliche Problem liegt wohl darin, dass das Baby den Zucker selbst noch nicht abbauen kann und es zu groß und zu schwer wird. Somit könnte es zu früh auf die Welt kommen, könnte dann in eine Unterzuckerung rutschen und hat ein erhöhtes Risiko, später selbst einen Diabetes zu entwickeln. Endlich wusste ich, was das ganze überhaupt für mein Baby bedeutet bzw. bedeuten kann. Ich habe nun also versucht, meine Ernährung anzupassen und natürlich regelmäßig meinen Blutzuckerwert gemessen. Durch Ausprobieren lernte ich, was mir und meinem Körper guttut und was nicht. Zum Beispiel haben mir viele von den speziellen (und oft teuren) zuckerfreien Lebensmitteln nicht geschmeckt. Ich lernte, dass Äpfel essen keine guten Werte zur Folge hat, Gemüse aber schon. Ich versuchte, Kohlenhydrate wegzulassen.

Doch oft genug verstand ich auch nicht, was gerade in meinem Körper passierte. Waren beispielsweise meine Werte am Abend super, weil ich nur Fleisch und Salat aß, war der Wert am Morgen trotzdem viel zu hoch. Manchmal war ich echt deprimiert und verzweifelt. Tat ich doch alles, um mein Baby zu beschützenund doch funktionierte es irgendwie nicht richtig: Vollkornprodukte, Dinkelbrötchen, Gemüsepfanne, nichts Süßes und keinen Kuchen und trotzdem nur mäßige Erfolge. Es war ein sehr bescheidenes Gefühl.

All das besprach ich beim nächsten Termin mit meiner Diabetologin. Am Tage waren meine Werte schon gut und auch das abendliche Spazieren gehen zeigte Wirkung. Aber der Wert am Morgen, der Nüchternwert, war einfach immer zu hoch. Auch hier lernte ich dazu: Ich aß ja am Abend extra keine Kohlenhydrate, was meinen Wert am Abend super aussehen ließ aber über Nacht hat sich der Körper an meinen „Reserven“ bedient und mit diesen wieder Zucker hergestellt. Also gab es ab sofort eine oder zwei Scheiben Körnerbrot zum Abendessen dazu. Weiterhin erfuhr ich, dass auch Milch viel Zucker enthält. Ich trank doch so gern mal einen halben Liter kalte Milch. Das fiel nun also weg. Und wer hätte gedacht, dass der Zuckergehalt in Äpfeln je nach Apfelsorte variieren kann? 

Trotz all der Dinge, die ich nun wusste und umgesetzt habe, musste ich Insulin spritzen. Die Schwester wies mich ein und zeigte mir, wie ich den „Insulin-Pen“ zu verwenden habe. Auch hier kostete mich der erste Pikser in den Oberschenkel Überwindung, aber danach ging es ganz gut. Zum Glück musste ich nicht in meinen dicken Bauch spritzen.

Ich bekam ein Insulin, das man nur am Abend spritzen musste. Die Dosis wurde von der Ärztin vorgegeben und im Laufe der Zeit einmal nach oben und einmal wieder nach unten angepasst. Endlich wurden nun auch die Morgenwerte besser. Ich hatte mein Frühstück im Knäckebrot gefunden und der Abendspaziergang mit meinem Sohn wurde zur Routine. Sogar leckere zuckerfreie Kekse habe ich entdeckt, von denen ich zur Kaffeezeit ein paar essen konnte.

Der beste Termin war der beim Frauenarzt, als meine Kleine mit ihren Werten wieder genau auf der Linie landete. Nun wusste ich ganz genau, dass ich alles richtig mache und sich alles lohnt. Die weitere Schwangerschaft verlief gut. Ich achtete auf meine Werte und probierte neben den bewährten Speisen auch ab und zu etwas Neues aus.

Wann und wie kam Dein Kind zur Welt?

Als der Geburtstermin näher rückte, meldete ich mich im Krankenhaus an. Die Ärztin dort riet mir, die Geburt eine Woche vor dem Termin einzuleiten. Da die Werte von mir und meinem Kind aber inzwischen gut waren, habe ich dies abgelehnt. Ich vereinbarte also den errechneten Geburtstermin als Termin. So lange wollte mein Baby gar nicht warten und so kam sie ganz natürlich, durch einen Blasensprung, zwei Wochen früher zur Welt. (Ganz genau so, wie bei meinem großen Sohn.) Sie hatte perfekte Maße, war kerngesund und auch der erste Zuckertest bei ihr fiel super aus. Kein Zucker und auch sonst keine „Schäden“. Ein perfekter kleiner Engel!

Wie ging es weiter?

Stillen war kein Problem und meine Blutzuckerwerte waren auch ohne Insulin wieder gut. Nach der Geburt wog ich sogar 10 Kilo weniger, als zu Beginn der Schwangerschaft.

Was kannst Du anderen Frauen mit auf den Weg geben, die auch die Diagnose erhalten?

Sandra mit Emma

Lasst Euch nicht verrückt machen. Ja, die Diagnose „Schwangerschaftsdiabetes“ ist nicht schön. Aber mit der richtigen Arztpraxis und etwas Disziplin, um sich an ein paar Regeln zu halten, ist dies zu meistern. Selbst wenn es notwendig ist, Insulin zu spritzen, handelt es sich um einen begrenzten Zeitraum. Man muss nur immer daran denken, man tut dies für die Gesundheit des kleinen Würmchens, das in einem wächst. Noch ein kleiner Tipp von mir: Eis einfach selber machen. Vor allem im Sommer ist es eine Wohltat. Eine Variante ist, einfach zuckerfreie Limo (davon gibt es wirklich viele Sorten) in Stiel- oder Quetscheisbereiter füllen und durchfrieren. Sehr lecker sind auch gefrorene Früchte (z. B. Erdbeeren oder Kirschen) mit Schlagsahne pürieren und direkt verspeisen oder noch zusätzlich mit Naturjoghurt verfeinern und nochmals einfrieren. Selbst mein großer Sohn liebt dieses Eis. Es gibt auch viele Rezepte für zuckerfreie Speisen und Eis im Internet.

Vielen Dank liebe Sandra. Wir wünschen Dir und Deiner Familie alles Gute!

Autorin

Autorin Sandra LangerSandra Langer, ausgebildete Diabetesassistentin, arbeitet seit 2016 als Produktmanagerin bei Mediq Direkt. Sie informiert unsere Kundenberater/-innen in den Fachgeschäften und im Kunden-Service über die jeweiligen Produkteigenschaften und stellt sicher, dass Sicherheits- und Produktinformationen von Herstellern unsere Kunden erreichen. Außerdem aktualisiert und erweitert sie regelmäßig die Mediq Diabetes Informationsbroschüren mit interessanten Inhalten.


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